»Ihr müßt zurück in den Libanon«

■ Bundesgrenzschützer versuchten, Flüchtlinge am Verlassen des Flugzeuges zu hindern/ 24 Stunden im Transitraum festgehalten/ Flughafensozialdienst bei Betreuung von Flüchtlingen behindert

Schönefeld. Berlin grüßt seine Gäste — oder empfängt sie mit einem Fußtritt. Wie erst jetzt bekannt wurde, kam es am Abend des 23. Oktober kurz nach der Landung einer tschechischen Maschine auf dem Flughafen Schönefeld zu handfesten Auseinandersetzungen, als Beamte des Bundesgrenzschutzes eine Gruppe von achtzehn PalästinenserInnen aus dem Libanon, darunter Frauen und Kinder, am Verlassen der Maschine hindern wollten. Nach Angaben der Flüchtlinge, die über Prag aus dem Libanon geflohen waren, hätten fünf Beamte den Ausgang blockiert. »Wenn Ihr Asyl haben wollt, schicken wir Euch gleich in den Libanon zurück«, soll einer der BGS-Beamten in der Maschine gesagt haben.

Dies wiederum wird vom BGS- Dienststellenleiter bestritten. In der Maschine sei das Wort »Asyl« überhaupt nicht gefallen. Keiner der Flüchtlinge habe ein »Asylbegehren« geltend gemacht. Weil es »Hinweise auf eine unerlaubte Einreise« gegeben habe, hätten BGS-Beamte bereits in der Maschine mit der Kontrolle begonnen. Obwohl sich die Hinweise bestätigt hätten, so der BGS-Mann, habe man die PalästinenserInnen schließlich aussteigen lassen — »aus Gründen der Gewaltvermeidung.« Denn die Männer hätten in Kauf genommen, daß Frauen und Kinder verletzt würden.

Schließlich ließ man die Flüchtlinge doch aussteigen, um sie dann stundenlang im Transitraum festzuhalten. Dort wurden ihnen nach Angaben eines der Flüchtlinge die Pässe abgenommen und ein deutschsprachiges Papier zur Unterschrift vorgelegt, bei dem es sich nach Auskunft des BGS-Beamten um einen Asylantrag gehandelt habe. Am Abend des 24. Oktober durften die Flüchtlinge schließlich das Flughafengebäude verlassen.

Auf Anfrage bestätigte auch der Flughafensozialdienst den Vorfall. Dessen 15 MitarbeiterInnen sind die einzige Anlauf- und Informationsstelle. Vor allem aber soll der Sozialdienst dafür sorgen, daß die Rechte der Asylsuchenden gewahrt werden — auch im »Niemandsland« des Transitraums. In der letzten Zeit sahen sich die SozialarbeiterInnen, DolmetscherInnen und Zivildienstleistenden jedoch zunehmenden Schwierigkeiten ausgesetzt. So wurde ihnen der Zugang zum Transitraum von Bundesgrenzschützern immer wieder verwehrt oder erst nach längeren Diskussionen und nur in Begleitung eines BGS-Beamten gestattet. Die Behandlung der PalästinenserInnen wertet man im Büro der ehemaligen DDR-Ausländerbeauftragten, aus deren Resthaushalt der Sozialdienst noch bis Jahresende finanziert wird, denn auch als »I-Tüpfelchen« einer längeren Entwicklung.

Bedeckt gab sich Günter Ziegenhagen, Ausländerbeauftragter der Caritas, die zusammen mit dem Diakonischen Werk zu den Betreibern des Flughafensozialdienstes gehört. Schwierigkeiten zwischen dem Bundesgrenzschutz und dem Flughafensozialdienst seien »gewissermaßen naturgemäß«. Er gehe letztlich davon aus, daß der Flughafensozialdienst den längeren Atem haben werde. Das darf noch bezweifelt werden: Nach dem 31. Dezember ist die Finanzierung des Büros in Schönefeld noch völlig ungesichert. Der Westberliner Senat hat eine Beteiligung an den Kosten mit der Begründung abgelehnt, der Flughafen Schönefeld — und damit auch der Sozialdienst — seien Angelegenheit des Landes Brandenburg. Solche Sorgen hat der Bundesgrenzschutz nicht. Dessen Finanzierung dürfte langfristig gesichert sein. Andrea Böhm