Israel: „Wir brauchen die Araber“

Die „Aussperrung“ der Palästinenser aus Israel und Ost-Jerusalem stellt die israelische Wirtschaft vor Probleme/ Stillstand auf Jerusalems Baustellen/ UNO-Sicherheitsrat verurteilt Israel einstimmig wegen Mißachtung der Tempelberg-Resolution  ■ Aus Tel Aviv Amos Wollin

Seitdem Palästinensern der Zutritt nach Israel und Ost-Jerusalem verboten worden ist, werden die Polizeikontrollen an Baustellen und Straßen in der Region von Tel Aviv verstärkt. Mehr als 2.000 Hinweise von Bewohnern dieser Region über den illegalen Aufenthalt von Palästinensern waren bei der Polizei eingegangen.

In Jerusalem mußte die Bautätigkeit praktisch eingestellt werden. „Ohne die Palästinenser aus den besetzten Gebieten können wir nicht weiterbauen“, kommentiert der Bauunternehmer Amnon Feldman.

„Wenn es Wohnungen für die Neueinwanderer aus der Sowjetunion geben soll, brauchen wir die Araber.“ Ein anderer denkt bereits weiter: „Wenn man uns die arabischen Arbeiter wegnimmt, muß man uns gestatten, viele Bauarbeiter aus dem Ausland zu importieren.“ Jetzt sollen jüdische Neueinwanderer auf dem Bau eingesetzt werden. Israelischen Arbeitslosen, die physisch in der Lage wären, auf dem Bau zu arbeiten, soll die Unterstützung gestrichen werden, wenn sie die Annahme solcher Arbeit verweigern. Gleichzeitig hat der Vorstand des Bauverbandes einen Plan vorgelegt, der den „Import“ von 15.000 palästinensischen Bauarbeitern vorsieht: Sie sollen dann unter der Aufsicht von Sicherheitsbeamten auf den Baustellen übernachten dürfen.

Nicht nur das Baugewerbe, auch die Industrie gerät in Schwierigkeiten: Vor allem in Textil- und Nahrungsmittelfabriken arbeiten Palästinenser aus den besetzten Gebieten, insgesamt stellen sie etwa ein Viertel aller Industriearbeiter.

Alternative Beschäftigungsmöglichkeiten in den besetzten Gebieten für die Palästinenser gibt es nicht, da die Besatzungsmacht jede eigenständige wirtschaftliche Entwicklung in Westbank und Gazastreifen systematisch unterbunden hat. Die „Aussperrung“ reduziert das monatliche Einkommen in den besetzten Gebieten um sechzig Prozent. Da seit dem Beginn der Golfkrise auch die Unterstützung aus den Golfstaaten ausbleibt, stehen die Palästinenser nun vor dem finanziellen Ruin.

Während Verteidigungsminister Arens die „Aussperrung“ der Palästinenser nur als vorübergehende Maßnahme sehen will, wird sie sowohl von den extrem-rechten wie von linksliberalen zionistischen Oppositionsparteien unterstützt — wenn auch nicht aus den gleichen Gründen. Fünf Abgeordnete der Arbeiterpartei haben zudem einen Gesetzesvorschlag eingereicht, der die schrittweise wirtschaftliche Abtrennung der besetzten Gebiete vorsieht. Palästinenser sollen nur noch mit Visa nach Israel (und Ost-Jerusalem) einreisen dürfen. Die israelischen Gewerkschaften hingegen haben protestiert, da die „Aussperrung“ Westbank und Gazastreifen für längere Zeit in ein abgeschlossenes Militärgebiet verwandelt.

Der Vorsitzende des palästinensischen Journalistenverbandes Abu Ajasch sieht dagegen in der Schließung von Westbank und Gazastreifen eine Art Anerkennung eines „palästinensischen Gebietes“ durch die Regierung Schamir.

UNO verurteilt Israel

Angesichts der wirtschaftlichen Schäden, die diese Politik für die Palästinenser verursacht, würden scharfe Reaktionen von Palästinensern nicht ausbleiben, sofern Israel keine Schritte unternähme, die Abtrennung der besetzten Gebiete von Israel vollständig zu vollziehen.

New York (ap) — Zum zweiten Mal innerhalb von zehn Tagen ist Israel im Zusammenhang mit dem Blutbad auf dem Jerusalemer Tempelberg vom UNO-Sicherheitsrat einstimmig verurteilt worden.

Auch bei dieser am Mittwoch in New York verabschiedeten Resolution 673 legten die USA kein Veto ein. Die israelische Regierung wird in der Entschließung wegen ihrer Weigerung gerügt, bei der Aufklärung des Blutbades mit der UNO zusammenzuarbeiten. Zuvor war am Mittwoch ein Versuch von US-Präsident Bush gescheitert, Israel doch noch zum Einlenken zu bewegen. Ein Berater des israelischen Premierministers Schamir sagte gestern, die neuerliche Verurteilung werde in Israel nicht ernstgenommen.