PDS betrogen — KPdSU bereichert?

■ Sollten PDS-Millionen für die KPdSU auf Auslandskonten verschoben werden?/ KPdSU schweigt noch/ Abgetauchter „Putnik“-Vertreter K.-H. Kaufmann arbeitet mit Ex-Stasi-Offizieren zusammen

Berlin (adn/taz) — Die Spuren des dubiosen Geld-Transfers von 107 PDS-Millionen führen nach Moskau. Die frühere FDJ-Zeitung 'Junge Welt‘ hat in Moskau in einer düsteren Gegend die Zentrale der sowjetischen Außenhandelsfirma „Putnik“ aufgetan, an die die 107 Mllionen Mark überwiesen werden sollten.

Das Unternehmen residiere in einem Hinterhof in einer Baracke, an der nicht einmal ein Firmenschild angebracht sei, so das Blatt. Der Betrieb existiert erst seit dem Mai 1989, er befasse sich mit Bauleistungen für Hotelkomplexe, Dienstleistungen für in- und ausländische Bürger sowie dem Service für Kraftfahrzeuge. Die Geschäfte gingen nicht gut. Ein venezolanischer Partner sei inzwischen ausgestiegern und dessen Anteil von der zypriotischen Firma Kanopa übernommen worden, so Putnik-Mitarbeiter Skworzow. Das Firmengebäude sei bis auf die Grundmauern niedergebrannt; die Geschäftsräume seien in einem Nebengebäude untergebracht. Ein leitender Mitarbeiter Skworzows habe erklärt, er wisse nichts von einem PDS- Millionentransfer und einem Auslandsmitarbeiter Kaufmann.

Karl-Heinz Kaufmann, Vorstandsmitglied der PDS Halle-Saalkreis, hat am 12.9. bei der Außenhandelsbank in Berlin ein Putnik- Konto eingerichtet und war persönlich bei der PDS-Zentrale, um seine Kontonummer mitzuteilen. Am 13.9. flossen dann 95 Millionen Mark an Putlik. In der PDS-Zentrale liegt ein Brief in russischer Sprache vor, in dem Putnik-Geschäftsführer Popow am 21.9. die Überweisung der restlichen 12 Millionen anmahnte und auch Kaufmann als Bevollmächtigten angab.

Nicht nachweisen kann die PDS bisher allerdings, in welcher Weise die KPdSU mitgeteilt hat, die ihr angeblich zustehenden Millionen-Gelder sollten der Firma Putnik gutgeschrieben werden. PDS-Pressesprecher Harnisch erklärte, er habe diese Frage der PDS-Finanzabteilung gestellt und in ratlose Gesichter geblickt. Es gebe nur mündliche Absprachen. Offenbar habe sie KPdSU versucht, die harten Devisen auf ein Auslandskonto weit ab jeglicher sowjetischer Kontrollen zu schieben.

Der zuständige Mitarbeiter der internationalen Abteilung der KPdSU, Andrej Tarasow, hat gestern dementiert, mit der 'Jungen Welt‘ telefoniert und Kontakte zu einer Firma Putnik geleugnet zu haben. Die KPdSU schweigt bisher zur Sache — sichtlich verärgert erwartet der PDS- Schatzmeister Pohl dringend eine Erklärung aus Moskau, von der sich die PDS die entscheidende Entlastung erhofft.

Nach Auskunft der Staatsanwaltschaft gilt die PDS in den Ermittlungen derzeit als „Geschädigte“. Das Ermittlungsverfahren richte sich gegen Kaufmann, einen sowjetischen Staatsbürger und gegen „unbekannte PDS-Mitglieder“.

Immer zweifelhafter wird die Rolle des immer noch verschwundenen Hallenser PDS-Mannes Kaufmann. Er ist auch Mitinhaber der Hakom-GmbH, die im selben Haus wie die PDS-Halle residiert und deren Name für „Handel, Kultur, Organisation, Marketing“ steht. Teilhaber der Firma, die sich angeblich mit Immobiliengeschäften befaßt, sind nach Information des 'Neue Presse- Express‘ zwei hohe Stasi-Offiziere, der Ex-Oberst Eckard Schiller und der ehemaligen MfS-Oberstleutnant Joachim Schmidt. Schmidt war Leiter der Kreisdienststelle Halle, in den letzten anderthalb Jahren allerdings im Auslandseinsatz.

Ex-Oberst Schiller war einer der stellvertretenden Leiter der Stasi- Bezirksverwaltung Halle und als Leiter der Abteilung XV für die Auslandsaufklärung zuständig. K.W.