Ampelkoalition in Brandenburg
: Potsdamer Drei- Einigkeit

■ Dort, wo Friedrich II. einst sein „sorgenloses“ Schloß Sanssouci bauen ließ, sind offenbar auch die Koalitionäre des neuen Bundeslandes wenig streitlustig. In der Sache einig, fehlt noch die Verteilung der Kabinettsposten.

Schneller als erwartet hat Manfred Stolpe jetzt doch die Wunschkonstellation für seine Regierung realisiert. Die erste Ampelkoalition der Bundesrepublik aus SPD, FDP und den Bürgerbewegungen ist vereinbart. Inhaltliche Dissenspunkte an denen das neue Bündnis noch scheitern könnte, sind derzeit nicht in Sicht. Die Abgeordneten vom Bündnis 90 sind geradezu verwundert über die inhaltlichen Übereinstimmungen mit der SPD. Auch deren Fraktionschef Wolfgang Birthler will derzeit nur Harmonie zwischen den neuen Partnern erkennen. In diesen allgemeinen Konsens schließt Birthler auch gleich noch die CDU ein, die in Brandenburg als einzigem der neuen Bundesländer auf den Oppositionsbänken Platz nehmen wird — gemeinsam mit der PDS.

Auch mit der CDU habe es letztlich keine gravierenden inhaltlichen Schwierigkeiten bei den Sondierungsgesprächen gegeben. Aber die Wunschkoalition sei eben die mit dem Bündnis gewesen. Die Frage, warum die brandenburgischen Genossen die Ampel von Anfang an favorisierten, hat der designierte Ministerpräsident Stolpe bislang eher negativ begründet: Die große Koalition sei das falsche Signal an die Bürger, die jahrzehntelang unter einer Blockpolitik gelitten hätten. Der Entwicklung demokratischen Lebens sei eine übermächtige Regierungskoalition schlichtweg abträglich.

Daß die Ampel trotz der anfänglichen Ablehnung der FDP zustande kam, lag am eher unentschiedenen Agieren der Liberalen. Eine einhellige Koalitionsoption in der Fraktion gab es nicht. Die Mehrheit der Partei favorisierte die Ampel, Parteichef Knud Sandler dagegen hätte am liebsten die Große Koalition unter Einschluß der FDP gesehen. Der Umschwung in Richtung Koalition mit Bündnis und SPD kam erst auf Weisung des Bundespräsidiums: Parteichef Lambsdorff erklärte, die FDP als fünftes Rad am Wagen einer großen Koalition sei nicht wünschenswert, die kleine Koalition müsse, trotz absehbarer Schwierigkeiten versucht werden.

Bevor am Samstag die eigentlichen Koalitionsverhandlungen beginnen, wurden gestern erstmal die Personalvorstellungen zwischen den Koalitionspartnern ausgetauscht. Nachdem unmittelbar nach der Wahl Konrad Weiß mit der Idee von drei Ressorts für das Bündnis für Irritationen gesorgt hatte, würden sich die Bürgerbewegungen jetzt auch mit zwei Ministerämtern zufrieden geben. In festen Händen ist bereits das Arbeits- und Sozialministerium. Auf Regine Hildebrandt (SPD), die dieses Ressort bereits im Kabinett de Maizière innehatte, freuen sich alle Beteiligten. Auf das Umweltressort ist das Bündnis mit dem Ökologieexperten und Ex-Volkskammerabgeordneten Mathias Platzek fest abonniert. Konflikte könnte es allerdings beim Zuschnitt des Ressorts geben. Das Bündnis will nicht nur die Zuständigkeit für die desolate Umwelt, sondern auch für die Raumordnung und damit die Kompetenz über die Ausweisung von Gewerbeflächen im neuen Bundesland. Sonst werde der Umweltschutz von vornherein zum „Feigenblatt“ degradiert. Immerhin hat das Bündnis bereits im Vorfeld seine Zustimmung für den Ausbau des Flughafens Schönefeld zum Berliner Großflughafen zugestimmt.

„Starkes Interesse“ melden die Bürgerbewegungen am Innenressort an. Bündnis-Abgeordnete Günter Nooke erklärt, mit dem Innenministerium wolle das Bündnis die Demokratisierung von Gesellschaft und Verwaltung vorantreiben. Dazu gehöre auch der Ausbau von Datenschutz und Bürgerrechten, ein transparenter Verfassungsschutz sowie die „Auflösung alter Seilschaften“. Als Besetzung ist hier neben Marianne Birthler auch Antje Vollmer im Gespräch (siehe Art. unten). Doch die SPD signalisiert in dieser Frage derzeit keinen Verhandlungsspielraum. Das Innenressort soll — so der SPD-Fraktionschef — auf jeden Fall von seiner Partei besetzt werden. Da werden die Genossen Zustimmung bei den Liberalen finden, die einen Bündnis-Innenminister kaum hinnehmen würden. Sie vermissen immer noch ein „überzeugendes Bekenntnis“ der Herbstrevolutionäre zum Parlamentarismus. Matthias Geis