Wir sind alle Gewinner

■ Der „Karl-Nix-Preis“ für die besten AbiturientInnen und GesellInnen

Eine nette Gesellschaft hier. Alle schön fein und geputzt, frisch onduliert und rasiert, die besten Manieren ausgekramt, gut aufgelegt, denn schließlich geht es um Geld. Gutes Geld, unerwartetes, geradezu verschenktes, 5.000 Mark pro GewinnerIn in einem Wettbewerb, der zwar täglich ausgetragen wird, von dem die Beteiligten jedoch gar nichts wußten.

Wie jedes Jahr seit 1988 verleiht die „Karl-Nix-Stiftung“, des ehemaligen Bremer Niederlassungs-Leiters der ESSO an die nach Noten besten männlichen und weiblichen Gesellen/Gehilfen und AbiturientInnen diesen Preis für ihr besonders lobenswertes Engagement. Insgesamt 15 Schecks wurden gestern in der „Meierei“ von den beiden beiden Karl-Nix-Vorstandsherren Dr. Nölle und Dr. von Dewitz feierlich überreicht. Schließlich geht es um die Rettung des Abendlandes. Denn, wie der Dr. Hans Jürgen Nölle beobachtet, „ist aus manch einer ideologischen Ecke das persönliche Glücksgefühl auf der Werteskala nach oben gerückt“, und mit dem Glücksgefühl, da kriegt man unsere schöne, soziale Gesellschaft gleich kaputt.

Aber wer will denn heute schwarzmalen, denn schließlich sitzen wir hier alle zusammen am Kaffeetisch, essen leckere Himbeertorte mit leckerer Schlagsahne und freuen uns, daß endlich Leistung wieder zählt, auch so richtig zählt, auf dem Konto eben, und daß wir alle mitgewirkt haben am Erfolg.

Nein, hier gibt es keine Verlierer. Alle sind wir hier Gewinner, vor allem natürlich wir schon etwas Älteren, die nicht nach vorne gerufen werden und keinen Scheck in die Hand gedrückt bekommen. Die eigentlich Ausgezeichneten sind wir, das ist klar, da lachen wir doch einfach noch einmal besonders knallend. Schließlich haben wir diese Gören ja gemacht, die uns mit ihrer charmanten Verlegenheit so gut unterhalten, wie sie da stehen, mit ihren ungewohnten Krawättchen und dem Minipli, wie sie mit leiser Stimme die Preisverleihung an sich exekutieren lassen. Was wären sie denn geworden, ohne uns, ihre Eltern? Nichts, genau. Oder ohne mich, den Lehrer? Nicht viel mehr? Das meine ich aber auch. step