Haft für Totschlag

■ Urteil des Arnsberger Landgerichts gegen Mutter, Tochter und Schwiegersohn des Inzestverbrechers Tröger

Arnsberg (ap) — Wegen Totschlags in einem minder schweren Fall hat das Arnsberger Landgericht die Angehörigen des Inzestverbrechers Ulrich Tröger gestern zu Freiheitsstrafen zwischen dreieinhalb und viereinhalb Jahren verurteilt. Die Ehefrau, der Schwiegersohn und die Tochter hatten am 22.Januar dieses Jahres dem Familienoberhaupt bei dessen Entlassung aus der Haftanstalt Werl aufgelauert und ihn mit 14 Schüssen aus einem Kleinkalibergewehr getötet.

Mildernde Umstände billigte das Gericht vor allem Manuela Bolz, der Tochter des Getöten, zu, die von ihrem Vater über Jahre hinweg sexuell mißbraucht worden war. Das Gericht verurteilte sie zu dreieinhalb Jahren Haft. Viereinhalb Jahre Haft erhielten der Schwiegersohn des Getöteten, der Schütze Marco Bolz, und die Ehefrau des Opfers, Waltraud Tröger. Die Staatsanwaltschaft hatte Freiheitsstrafen von fünf und sechs Jahren gefordert, die Verteidiger auf Freispruch oder Bewährungsstrafen plädiert. Angst, nicht Rachsucht sei das Tatmotiv gewesen, begründete der Vorsitzende Richter Ewald Franzmann das Urteil. „Sie haben ihn getötet, weil sie sich vor ihm schützen wollten. Das macht die Tat verständlich.“

Das Leben mit Ulrich Tröger sei für die Frauen ein „unbeschreiblicher Leidensweg“ gewesen, sagte der Richter. Das Familienoberhaupt habe sich als „absoluter Herrscher“ über seine Familie gefühlt und seine Tochter „in schwerster Weise sexuell mißbraucht“, bis sie ihn angezeigt habe. Die anstehende Haftentlassung Trögers habe bei den Angeklagten „überwältigende Angst“ vor Racheakten des Familienoberhauptes ausgelöst.

Dennoch schloß das Gericht eine strafmildernde erheblich verminderte Schuldfähigkeit der Angeklagten ebenso aus wie den Tatbestand der Notwehr oder des rechtfertigenden Notstandes. Seit den Rachedrohungen Trögers, die er bei seiner Verurteilung nach einer Anzeige seiner Tochter ausgestoßen habe, seien immerhin sieben Jahre vergangen.

„Die Angeklagten haben gewußt, daß sie Unrecht taten und waren auch bereit, die Konsequenzen zu tragen“, betonte der Richter. Der Tatbeitrag des Schützen Marco Bolz sei sicherlich am größten, doch hätten alle drei die Tat gewollt und daran mitgewirkt.

Die Angeklagten nahmen das Urteil ohne sichtbare Reaktion auf. Verteidiger und Staatsanwaltschaft schlossen eine Revision nicht aus.