“Der Volker hätte zugepackt“

■ Der Pfosten entschied das Spiel Werder gegen St.Pauli / Da capo am Freitag

“Alle-lull — eins zu null“ jubelte der versammelte Volker-Ippig- Fanclub durch die Straßenbahnwagen der Linie 3 Richtung Weserstadion. Das war Freitag vor dem Bundesligaspiel Werder gegen St.-Pauli. Sie hatten recht: Am Ende hieß es 1:0, allerdings für Werder. Dieses 1:0, von Harttgen nach 65 Minuten geschossen, gab den Ippig-Fans Gelegenheit zu ihrem Lieblingsthema: Warum steht Volker nicht im Tor?

Thomforde, sein Vertreter, hatte wohl nicht das rechte Vertrauen von Libero Kocian. Der spitzelte ihm den Ball vor den fangbereiten Händen weg, genau Harttgen auf den Fuß. Das Ergebnis ist bekannt. „Volker hätte zugepackt“, für Ippig-Fans eine klare Sache.

Dabei hatten sie sonst wenig zu mäkeln über Thomforde. Der nämlich hatte kaum was zu halten. einen Schuß von Rufer. Und den Ball von Neubarth kurz vor Schluß, aber den hielt der Pfosten. Mehr Torschüsse brachte Werder in 90 Spielminuten nicht zustande. Das sagt einiges über den Werderaner Angriff.

Im übrigen war es im Hamburger Fan-Block wie gewohnt: nach jeder erfolgreichen Aktion St. Paulis gab es, bei immerhin 4.000 Pauli-Anhängern, recht lauten Jubel. Und das nicht selten: Schließlich hatte Steubing in der 40.Minute die Chance, Spieler der Tages zu werden. Aber so frei vor dem Tor, da war das plötzlich viel zu schmal und der Pfosten zu breit.

Die Bremer Fans in der Ostkurve schienen stimmloser und zahlenmäßig unterlegen. Es blieb bei gelegentlichen Schmähungen des Weltmeisters Günter Herrmann, der bei seinen Flanken und Ecken das Tor wohl auf der Tribüne und nicht unten auf dem Rasen sah, so weit daneben gingen ihm diese Standardbälle. Und sonst nur leise Anfeuerungen nach dem 1:0.

Aber auch die Hamburger Seite war nicht so einig wie sie schien. Dem gemäßigten Ippig- Fan-Club in der Bahn folgte auf der Straße die härteren Ippig-Gefolgsleute: schwarze Lederjacken sangen „Hoch die internationale Solidarität!“ Bremer Zuschauer murmelten „Hafenstraße“ und schlichen davon.

Das war vor dem Spiel. Nach dem Bremer Sieg blieb–s nicht beim Gesang. Nicht die schwarzgekleideten, sondern die Fans mit der braunschwaren Gesinnung, die mit den Deutschlandschals, veranlaßten die Polizei zur weiträumigen Absperrung am Bahnhof. Daß ausländische Jugendliche gehetzt wurden und plötzlich in die Falle zwischen Hamburgern, Polizisten und schwarzbraunen Werder-Fans gerieten, das wird allmählich zur Normalität nach diesen Spielen.

Daß es auch friedlicher ging, zeigte sich beim Auszug aus der Arena. Das höhnische „Auf Wiedersehen!“ bremerseits gaben die Hamburger als Echo kräftig zurück.

Ein höflicher Abschied vor einem neuen Spiel; am kommenden Freitag um 20 Uhr begegnen sich Werder und St. Pauli wieder im Weserstadion; dann wird es um den DFB-Pokal gehen.

„Allelull - 1:0“. Für den glücklicheren natürlich. Und das ist immer der, der oben steht, so sprach St.Paulis Trainer Schulte nach dieser Niederlage. Dieter Mützelburg