Blau-weiße Nachrichten

Der Bayerische Rundfunk plant einen Hörfunknachrichtenkanal/ Satellitenradio aus der Eifel ist mit News rund um die Uhr bereits seit dem 3. Oktober auf Sendung  ■ Von Marina Schmidt

Beim Bayerischen Rundfunk laufen die Vorbereitungen für einen neuen Hörfunknachrichtenkanal auf Hochtouren, denn ab Mai 1991 soll „Bayern 5 Aktuell“ auf Sendung gehen. Galten noch vor wenigen Jahren die Seicht- und Dudelprogramme mit möglichst niedrigem Wortanteil als Erfolgsgaranten, so setzen die Rundfunkreformer jetzt auf Information.

„Radio ist das Informationsmedium. Seine Stärke liegt in der Geschwindigkeit. Im Gegensatz zur Presse sind wir an keinen Redaktionsschluß gebunden und prinzipiell jederzeit sendebereit“, sagt Udo Reiter, Hörfunkdirektor des Bayerischen Rundfunks.

Doch es ist nicht nur die Besinnung auf die Funktionsweise des Mediums, die die Planer auf die Informationsschiene führte: „Für dieses Jahrhundert sind die normalen Programme bereits alle erfunden. Was es im deutschsprachigen Raum bisher nicht gibt, sind Nachrichtenkanäle.“ Nicht mehr die breite Masse ist gefragt, denn die ist mit den existierenden Programmen bereits gesättigt, Zielgruppe der Spartenprogramme wie Information, Klassik oder ähnliches ist das gehobene Publikum mit speziellen Interessen. So ist der Nachrichtenkanal aus Bayern nicht für den klasssischen Gewohnheitshörer konzipiert, sondern für die Upper Class. Das sind in erster Linie Politiker, Geschäftsleute und Journalisten, also diejenigen, die aus beruflichen oder privaten Gründen an brandaktuellen „News“ interessiert sind.

Mit „Bayern 5 Aktuell“ wollte der Münchner Sender als Veranstalter des ersten Informationsprogramms im deutschsprachigen Raum in die Annalen der Rundfunkgeschichte eingehen. Doch da sind ihm andere bereits zuvorgekommen. Seit dem 3. Oktober sendet aus der Eifel der kommerzielle Anbieter „Radioropa“ Hörfunknachrichten rund um die Uhr. Auf den ersten Blick ist das Konzept der beiden Programme fast identisch: Jede Viertelstunde ein Nachrichtenblock mit den aktuellsten Meldungen, Wetter-, Verkehrs- und Börsenservice, dazwischen Hintergrundberichte aus Wirtschaft, Politik, Gesellschaft und Kultur. Herrscht Nachrichtenflaute, wird der Programmblock wiederholt; passiert viel, wird er aktualisiert oder komplett ausgetauscht. Sollten sich die Ereignisse überschlagen, kann zumindest beim BR das ganze Sendeschema über den Haufen geworfen werden. Doch damit sind auch die Gemeinsamkeiten schon zu Ende. Denn während „Radioropa“ die Meldungen der Presseagenturen aufbereitet, verspricht der Münchner Kanal Aktuelles und Hintergründiges aus erster Hand.

Allein 55 Planstellen und ein Jahresetat von zehn Millionen D-Mark stehen zur Verfügung. Von sechs Uhr morgens bis Mitternacht wird das Programm durchgehend von Journalisten moderiert. Pro Schicht arbeiten sieben Redakteure, die sowohl recherchieren, texten, schneiden als auch moderieren. Das Pfund mit dem die Bayern wuchern, ist die enorme Infrastruktur des Hauses am Münchner Rundfunkplatz. Dazu gehört neben den etwa tausend Beschäftigten in den verschiedensten Hörfunkredaktionen auch ein weltweites Korrespondentennetz. Diese starke Personaldecke macht es möglich, das standardisierte Aktualitätenprogramm mit Themenschwerpunkten anzureichern. Vor allem am Wochenende werden die einzelnen Fachredaktionen „Specials“ aus den Bereichen Literatur, Kirche, Verbraucherservice oder Kunst zuliefern. Korrespondentenberichte aus dem In- und Ausland sollen das Informationsprogramm auch über die Grenzen des Freistaates hinaus attraktiv machen.

Während „Radioropa“ nur via Satellit zu empfangen ist, verfügen die Bayern über eine fünfte UKW-Senderkette, die über fünfzig Prozent der Haushalte in der Region erreicht. Weitere Mittelwellefrequenzen decken nahezu den gesamten bayerischen Raum ab. Der bayerische Traum wäre eine Einschaltquote von mehr als fünf Prozent. Neidlos erkennt der Udo Reiter an, daß ein News-channel einen Satelliten benötigt, kann doch so der gesamte deutschsprachige Raum abgedeckt werden. „Im Moment ist das aber sinnlos, da es nur einige tausend Empfänger gibt. In wenigen Jahren sieht die Lage jedoch anders aus.“

Ob das Satellitenradio aus der Eifel die Zeit hat, die nötigen Werbekunden zur Finanzierung seines Programmes an Land zu ziehen, ist mehr als fraglich. Sollte „Radioropa“ diese Durststrecke nicht überstehen, wird der Bayerische Rundfunk doch noch in die Annalen der Rundfunkgeschichte eingehen.