Den Waldbäumen fehlt jetzt schon das Wasser

■ Trinkwasservorräte können knapp werden/ Schreyer will Wasser sparen und das Grundwasser anreichern

Berlin. Nur wenn die Berliner ihren Wasserverbrauch senken, reichen die Grundwasservorräte auch bei einem deutlichen Wachstum der Bevölkerung aus. Berlin verfüge zwar über ein vergleichsweise großes Grundwasserreservoir, sagte gestern Umweltsenatorin Michaele Schreyer (AL). Ein Bevölkerungswachstum von jetzt 4,3 Millionen in der Stadtregion auf sechs Millionen könnte die Grundwasservorräte jedoch nicht verkraften. »Berlin auf dem trockenen?« fragt deshalb auch ein gestern eröffneter Kongreß, auf dem 200 Fachleute bis heute beraten, wie den Versorgungsengpässen rechtzeitig vorgebeugt werden kann.

Schreyer erinnerte daran, daß im Bezirk Potsdam jetzt schon 144.000 Haushalte mit verunreinigtem Wasser vorliebnehmen müssen. Auch in Berlin sei »nicht auszuschließen«, daß einzelne Wasserwerke stillgelegt werden müßten, weil Boden und Grundwasser durch Altlasten verseucht wurden. Das Wasserwerk Johannisthal in Treptow sei »das größte Sorgenkind«, räumte die Senatorin ein. Der Verdacht auf PCB habe sich hier zwar nicht bestätigt, dafür habe man jetzt unter den Datschenkolonien in Wasserwerksnähe stark überhöhte Ammoniumwerte entdeckt, erläuterte Schreyers Mitarbeiter Martin Böhme. Nähere Analysen stünden noch aus, es sei aber »zu befürchten«, daß man auch Pestizide wie DDT oder Lindan im Grundwasser entdecken werde. Wie berichtet, leitete die nahegelegene »Berlin- Chemie« ihre Abwässer jahrelang ungeklärt in den dem Wasserwerk benachbarten Teltowkanal.

150 Liter Wasser täglich verbraucht der durchschnittliche Westberliner, in Ost-Berlin ist es mit 250 Litern fast die doppelte Menge. In den Altbauquartieren der östlichen Stadthälfte müsse man sogar mit einem noch wachsenden Wasserkonsum »rechnen«, wenn beispielsweise Außentoiletten durch Badezimmer ersetzt würden, warnte Umweltstadtrat Holger Brandt (SPD). Rasche Abhilfe konnte der Stadtrat nicht versprechen: Bevor man dem Wasserverbrauch in Ost-Berlin mit erhöhten Gebühren entgegenwirken könne, müßten zunächst Wasseruhren installiert werden. Es sei »schwer zu sagen«, wann diese Arbeiten soweit seien, bedauerte Brandt. Ab 1991 soll zumindest das Grundwasserentnahmeentgelt, das Westberliner Betriebe seit diesem Jahr berappen müssen, auch in Ost-Berlin erhoben werden.

Den Bau von Fernleitungen zur Trinkwasserversorgung lehnte Schreyer ab. Um den Wasserverbrauch zu senken, sollte statt dessen bei der Planung von Neubaugebieten Abschied von der hergebrachten Schwemmkanalisation genommen werden. Indem das Abwasser nach einer neuen Technik per Unterdruck aus den Haushalten gesaugt werde, lasse sich der Wasserverbrauch um fast ein Drittel senken. Außerdem, so Schreyer weiter, müßten neue Wege gefunden werden, die Berliner Grundwasservorräte anzureichern. So sei denkbar, hierfür die Rieselfelder zu nutzen, über denen in früheren Jahrzehnten die Berliner Abwässer verrieselt wurden. Bislang wird das Grundwasser nur in der unmittelbaren Nähe der Wasserwerke per Versickerung wieder angereichert. Das führe zwar dazu, daß in der Umgebung manche falsch gebauten Keller durchfeuchtet würden, ansonsten sei der Grundwasserstand aber nach wie vor »zu tief«, sagte Böhme zur taz. Im Spandauer Forst beklagten sich bereits die Förster, die Waldbäume seien am Verdursten. hmt