AUSENGLAND

DEREGO—TRIP  ■  PETER HAMMILL

Nun zur Rubrik: Mein peinlicher Lieblingsstar. Jeder Musikfan hat eine Band oder einEn MusikerIn, woran das Herz hängt, was aber lieber nicht so breit erzählt wird, weil die Musik der Auserwählten meist konträr zu den eigentlichen Vorlieben steht. Das würde bei Szene-Bekannten dann bloß mitleidiges Unverständnis auslösen. »Wie das, um Gottes willen!«

Der Meister in meinem Fall ist Peter Hammill, der britische Songpoet, einstiges Oberhaupt der Bombastrocker Van Der Graaf Generator und kompromißloser Vertreter der Musikerspezies, die in ihren Stücken und auf der Bühne das innerste Ich ins Volk schleudern, auf daß es etwas damit anfange. Bei vielen erzeugt das nur peinliche Rührungen, aber dieser Sänger hat eine harte Fangemeinde, deren Kern meint, ihn bestens zu verstehen, und durch ihn sich selbst.

Seit Ende der 60er, als die erste VDGG-LP »The Aerosol Grey Machine« erschien, ist der Hauptantrieb für Hammills Schaffen die ewige Frage nach dem Sinn des Seins und die daraus resultierenden Zweifel an der eigenen Person und der Umwelt, in die der Mensch geworfen ist. Mit und ohne Band hat Hammill es verstanden, dieses Grundthema in immer neuen Varianten aus psychologischer, politischer oder rein gefühlsmäßiger Perspektive umzusetzen, zu Musik voller Melancholie oder Agression. Er experimentiert mit den musikalischen Ausdrucksmitteln, gibt sich mal als folkiger Barde mit akustischer Gitarre, spielt mit Synthezisern und Sequenzern herum oder umgibt sich mit einer harten Rock-Band. Sein 1975 erschienenes Album »Nadir's Big Chance« veranlaßte Johnny Rotten zu der Bemerkung, dies sei zwei Jahre vor Punk die erste Punk-Platte gewesen. Hammill hatte dort versucht, Songs in simpelsten Grundstrukturen zu spielen, um sich ungebremst gehen lassen zu können.

Jedes Jahr erschien ein neues Werk von ihm, völlig anders als die vorhergehenden. Das diesjährige »Out Of Water« ist wieder eindeutig von Sentimentalität geprägt mit Betonung des akustischen Elements. Nach den letzten Solo-Touren allein mit Keyboard und Gitarre kommt er diesmal in Begleitung von Ex-VDGG- Basser Nic Potter und Cellist Stuart Gordon in die Passionskirche. Wirklich ein angemessener Ort für geistvolle Stunden in Konfrontation mit einem starken Ego. Liebt ihn oder haßt ihn, Peter Hammill läßt eh' nichts anderes zu. Schwalbe (Foto: Roland Owsnitzki)

UM20UHRINDERPASSIONSKIRCHE