Bauen im Umland oder in der Stadt?

■ Eine prominent besetzte Diskussion im Rahmen der »Bauwoche« zerbrach sich den Kopf über das zukünftige Bild der Stadt/ Ost-Berlin hat keine Lust, sich mit Westberliner Bausorgen zu belasten

Berlin. Bauen, was das Zeug hält: Fabriken, Wohnungen und Büros, alles in Massen und im U- und S-Bahn-Bereich — die drei auf dem Podium waren sich einig. Uneinig waren sich Umweltsenatorin Michaele Schreyer (AL), Bausenator Wolfgang Nagel (SPD) und sein Vorgänger Georg Wittwer (CDU) bei der Diskussion am Sonntag im Rahmen der Berliner Bauwochen, wie und wo das geschehen soll. Und wer das alles bezahlen soll, wurde zwar gefragt, kam dann aber gar nicht zur Sprache.

Bemerkenswerter war, daß sich Schreyer und Wittwer offenbar politisch näher waren als beide dem Bausenator. Dafür traf Nagel den Geschmack der meist aus Ost-Berlin kommenden Zuhörerschaft. »Die Ostberliner wollen nicht, daß bei ihnen die Wohnungsprobleme des Westens gelöst werden«, sagte er (Beifall), und »jedesmal, wenn ich nach Hellersdorf ins Wuhletal fahre, denke ich: Nur da kann die Bundesgartenschau stattfinden« (stärkerer Beifall), oder »die Stadtautobahn muß durch ganz Ost-Berlin gebaut werden, der Abschnitt nach Neukölln hat doch nur Symbolcharakter« (ganz starker Beifall). Im übrigen brauche man schnell einen Verbund mit dem Land Brandenburg. Denn gewerbesteuerbringende Betriebe sollten sich nicht im Umland ansiedeln, weil die dortigen Bewohner die Leistungen der Großstadt — Schulen, Theater — in Anspruch nehmen. Außerdem bringe Bauen im Umland erhebliche Verkehrsprobleme.

Planung in Abstimmung mit dem Umland forderte auch Michaele Schreyer, aber mit einer anderen Intention. »Es geht nicht, daß sich alle steuerbringenden Gewerbebetriebe in West-Berlin ansiedeln, und das Umland stellt die Erholungsfläche und die Mülldeponien«, sagte Frau Schreyer. Außerdem sei eine übergeordnete Planung dringend nötig: So seien der Region um Berlin Großverbrauchermärkte mit einer Fläche von insgesamt fünf Millionen Quadratmetern angemeldet, einen Bedarf gebe es aber nur für etwa 1,4 Millionen Quadratmeter. Besser wäre es, wenn sich Berlin gemeinsam mit dem Umland überlegte, wo man dort auch Wohnungen bauen könne. Und schließlich seien in West-Berlin nicht nur Grünflächen und größere Kleingartenkolonien schutzwürdig, sondern auch die Rieselfelder, da ansonsten das Grundwasser gefährdet sei. Schützenhilfe für Frau Schreyer leistete der ehemalige Bausenator Wittwer: »Nachverdichtung in einer Großstadt ist unglaublich teuer und zeitraubend«, meinte er. Zudem müsse man Erscheinungen wie in Westdeutschland vermeiden, wo vergleichsweise arme Städte von reichen Vorortgemeinden umgeben seien. Teils werde man im Umland bauen müssen, teils in Berlin, meinte er. Das allerdings werden wohl die Bauunternehmer sowieso machen. esch