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Gatt-Scheitern wird immer wahrscheinlicher

Dunkel-Männer diskutieren über Nützlichkeit einer Sondersitzung in Genf  ■ Aus Genf Andreas Zumach

Die zwölf EG-Regierungschefs haben sich auch bei ihrem Gipfeltreffen in Rom nicht auf einen Vorschlag zur Kürzung der Agrarsubventionen einigen können und das Problem wieder an ihre Agrarminister zurückverwiesen. Doch deren für den heutigen Dienstag vorgesehenes Treffen ist bereits wieder abgesagt worden. So wird ein Scheitern der Gatt-Verhandlungen über ein neues Welthandelsabkommen immer wahrscheinlicher. Weil die EG-Vorschläge nun seit zwei Wochen überfällig sind, befinden sich die Verhandlungen in „ernsthaften Schwierigkeiten“, verlautete gestern aus dem Büro von Gatt-Generalsekretär Arthur Dunkel.

Zwar halten die Arbeitsgruppen zu den vierzehn anderen Themenbereichen des geplanten Abkommens noch ihre regelmäßigen Sitzungen ab. Doch „immer mehr Staaten“, heißt es in Genf, äußerten Zweifel über den „Sinn dieser Bemühungen“, solange keinerlei Fortschritt in der für die meisten Länder überaus wichtigen Agrarfrage erkennbar ist.

Gestern wurde im Gatt-Sekretariat beraten, für die nächste Woche eine Sondersitzung der 107 Gatt- Mitgliedsländer auf hoher politischer Ebene nach Genf einzuberufen. Ohnehin tagen hier in der kommenden Woche die 14 Landwirtschaftsminister der von Australien angeführten Cairns-Gruppe (der großen Agrarexporteure) sowie die mit G-15 abgekürzten fünfzehn am meisten unterentwickelten Staaten. Es wird nicht ausgeschlossen, daß bei diesen Treffen bereits Vorentscheidungen für einen Auszug aus den Gatt-Verhandlungen fallen, falls bis spätestens Ende November keine für diese Staaten „befriedigende Lösung“ in der Agrarfrage gefunden wird.

Die meisten Länder der Dritten Welt wollen sich unter keinen Umständen auf die unter anderem auch in Bonn verfolgte Strategie einlassen, eine Entscheidung in der Agrarfrage erst beim Ministertreffen Anfang Dezember in Brüssel zu treffen. In der Gatt-Delegation der USA gibt man sich zwar nach außen hin enttäuscht über die von der EG verursachte Verzögerung. Intern wird das Zögern der Gemeinschaft aber als wohlinszeniertes Drama zur Erhöhung des Drucks auf die anderen Verhandlungspartner gewertet und damit gerechnet, daß sich die EG nach den Bundestagswahlen am 2. Dezember kompromißbereit zeigt.

Eine Verlängerung der Verhandlungszeit durch Verschiebung des Brüsseler Ministertreffens wird von den USA wie den Drittwelt-Staaten nach wie vor entschieden abgelehnt. In der US-Delegation wird damit gerechnet, daß nach den Kongreßwahlen am 6. November die Spielräume für die Bush-Administration bei den Gatt-Verhandlungen noch enger werden. Für eine Mehrheit, die das der Admininstration bislang erteilte und bis zum 1. März 1991 befristete Gatt-Verhandlungsmandat wieder einschränkt, bedarf es bei den Wahlen nur noch geringer Verschiebungen zugunsten von Abgeordneten, die von bestimmten Lobbys — vor allem aus der Schiffahrts- und Telekommunikationsindustrie — abhängig sind.

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