Attentäterin vor Gericht

■ Adelheid Streidel droht dauerhafte Einweisung in psychiatrische Anstalt

Berlin (ap/taz) — Morgen beginnt vor dem Landgericht Köln der Prozeß gegen Adelheid Streidel. Die Angeklagte hatte während einer Wahlkampfveranstaltung Ende April in Köln dem Bundeskanzlerkandidaten der Sozialdemokraten, Oskar Lafontaine, lebensgefährliche Verletzungen mit einem Messer zugefügt. Der 43jährigen Frau wird vorgeworfen, sie habe im Zustand der Schuldunfähigkeit Lafontaine ermorden wollen.

Die 43jährige Frau hatte nach ihrer Verhaftung zu Protokoll gegeben, sie habe einen Politiker töten wollen, denn Politiker seien für geheimnisvolle Machenschaften im Verborgenen verantwortlich: „Es gibt in Europa Menschenfabriken und unterirdische Operationssäle, wo Leute aus der Bevölkerung körperlich und geistig umfunktioniert werden“, hatte Adelheid Streidel bei ihrer Vernehmung erklärt. Psychiater attestierten ihr daraufhin paranoide Schizophrenie, die Attentäterin wurde in die geschlossene Abteilung einer psychiatrischen Klinik eingeliefert. Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, daß Adelheid Streidel auch in Zukunft eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Daher beantragte sie die dauerhafte Einweisung der Angeklagten in eine psychiatrische Anstalt.

Die Arzthelferin hatte nach dem Ende der Wahlkampfveranstaltung die Bühne mit zwei Blumensträußen und einem Buch in der Hand betreten. Während Lafontaine in das Album sah, zückte die Frau das Messer und stach auf ihn ein.

Adelheid Streidel war bereits 1986 schon einmal in die geschlossene Abteilung eines Landeskrankenhauses eingeliefert worden, nachdem sie eine Druckerei angezündet hatte, um „gegen Menschentötung — Fabriken, Menschenlager mit Todesfolge der Bonner Regierung und auf der ganzen Erde“ zu demonstrieren.

Der Prozeß im Kölner Landgerichts ist auf zwei Tage terminiert. Oskar Lafontaine muß nicht als Zeuge erscheinen. uhe