: Bonner Blackout nach PDS-Skandal
■ Ausgerechnet Lambsdorff: „PDS gleich Partei der Schieber“/ Vogel fordert Selbstauflösung
Berlin (taz/dpa) - Mit großen Erinnerungslücken hinsichtlich der eigenen Vergangenheit reagierten Bonner PolitikerInnen auf den PDS- Finanzskandal. Ausgerechnet Graf Lambsdorff, seinerzeit rechtskräftig wegen Verwicklung in die Parteispendenaffäre verurteilt, hält die Vorgänge bei der PDS für „so unglaublich, daß es mir beinahe die Sprache verschlagen hätte“. Er gab seine „bisherige Zurückhaltung“ auf und nannte — gewiß ohne rot zu werden — die PDS „Partei der Schieber“.
Auch bei der SPD heftige Symptome von Amnesie hinsichtlich ihrer Vergangenheit (Stichwort: Schatzmeister Nau). Parteichef Vogel forderte die Selbstauflösung der PDS. Gleichzeitig verlangte er die Aufklärung der Vermögensverhältnisse der Ex-Blockparteien CDU und FDP. „Welche Überweisungen wurden in den letzten Wochen von wem getätigt?“, fragte Vogel im geschäftsführenden Fraktionsvorstand. Auch mögliche Wahlkampfkostenerstattungen an die Blockparteien aus dem DDR-Staatshaushalt im ersten Halbjahr 1990 müßten untersucht werden. Die SPD wolle wissen, was Ex-Premier de Maiziere und Ex-Innenminister Diestel getan hätten, um das SED-Vermögen sicherzustellen und ob CDU wie FDP bereit seien, die Vermögen aus ihren fortexistierenden, parteieigenen Betrieben an den Staat zu übertragen.
CSU-Generalsekretär Huber bezeichnete die PDS als „kriminelles Syndikat“. Bayerns Innenminister, in dessen Territorium sich der Devisenraffzahn Schalck-Golodkowski quietschvergnügt verlustieren kann, verlangt, daß die „kriminellen Machenschaften“ der PDS bei Überprüfung ihrer Verfassungstreue mitbeurteilt werden müßten. Von gewohnter Sachkenntnis die Worte von Bergmann-Pohl: „Die CDU hat nichts zu verbergen“. Auf eine Interview-Frage, ob die CDU Gelder aus ihrem vom Honecker-Regime geerbten Vermögen an die Treuhandanstalt überwiesen habe, antwortete sie deutlich: „Ich denke ja“. peb
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