Gorleben: Töpfer zieht die Daumenschrauben an

■ Bundesumweltminister hält 30 Millionen zurück: Lüchow-Dannenberg verliert 8,5 Millionen

Der Streit um das Endlager Gorleben spitzt sich zu. Bundesumweltminister Töpfer hat sich geweigert, die jährlich fälligen 30 Millionen Mark Ausgleichzahlungen an das Land Niedersachsen zu überweisen. Darunter leiden jetzt vor allem die Gemeinden, die sich seit elf Jahren kräftig aus dem Bundesumwelthaushalt aushalten lassen.

Nach Ansicht des Staatssekretärs in der niedersächsischen Staatskanzlei, Reinhard Scheibe, kommt die Sperrung nicht unerwartet. Bundesumweltminister Klaus Töpfer habe mehrfach deutlich gemacht, daß er den Konflikt mit der Landesregierung in der Gorleben-Frage suche, erklärte er. Die Daumenschrauben sollen die Landesregierung dazu ermuntern, das Gorlebener Endlager doch noch zu bauen.

Laut Vertrag zwischen Bundesfinanzminister Theo Weigl und der ehemaligen niedersächsischen Finanzministerin Birgit Breuel zahlt der Bund von 1989 an jährlich 30 Millionen Mark an Niedersachsen. Dieses Geld ist für die Gemeinden vorgesehen, die von atomaren Großprojekten betroffen sind. Der Landkreis Lüchow-Dannenberg soll allein 12 Millionen Mark aus dem Töpfer- Topf bekommen.

Doch aus dem warmen Geldsegen wird jetzt erstmal nichts: Der Vertrag zwischen Bund und Land hat eine Sperrklausel, die formal vor jeder Überweisung aufgehoben werden muß. Solange Töpfer sich weigert, diesen Antrag im Haushaltsausschuß zu stellen, hungert das Land.

So einfach wollen sich die Niedersächsischen aber nicht auszählen lassen. Wie der Sprecher des Finanzsenators, Peter Martens, auf Anfrage mitteilte, will das Land die Bonner „Ausgleichszahlungen“ jetzt anmahnen. „Schließlich handelt es sich um Beträge für das Jahr 1989“, meinte Martens. Ob es Erfog haben wird, ist fraglich: „Solange das Land seine ablehnende Haltung gegen die Endlagerpläne in Gorleben und gegen den Schacht Konrad beibehalte, sei mit einer Bewilligung der zweckgebundenen Gelder nicht zu rechnen“, heißt es aus dem Bonner Umweltministerium.

Im Landkreis Lüchow-Dannenberg sieht man derweil schwere Zeiten aufziehen. Seit 1979, dem ersten Jahr der Ausschüttung, flossen immerhin 65 Millionen Mark „Ausgleichsgelder“ in die Kasse des Landkreises. Davon wurden Prachtstraßen gebaut, ein Gebäude für die Kreisverwaltung, öffentliche Schwimmbäder und andere Sportstätten. Der Landkreis hat ein Hauhaltsvolumen von 80 Millionen Mark. Nach Abzug der laufenden Kosten bleiben 20 Millionen für Investitionen. Die fehlenden 12 Millionen werden ein Riesenloch in das Säckel der verwöhnten Verwaltung reißen.

Das der Landkreis den Gürtel enger schnallen muß und auf sein gesundes Haushaltsvolumen abspecken wird, wirkt sich auf jede einzelne Gemeinde aus. Hans- Christian Riegner, Stellvertretender Oberkreisdirektor in Lüchow-Dannenberg: „Wir haben mit diesem Geld auch immer den Eigenanteil der Gemeinden finanziert, wenn die ein größere Bauvorhaben realisieren wollten.

Auch die Gemeinden um das umstrittene Zwischenlager Schacht Konrad bei Salzgitter sind vom Versiegen der Quelle betroffen und werden ihr Geld erst einmal nicht sehen (ebenfalls 12 Millionen). Markus Daschner