Komödie der Irrungen

■ Dustin Hoffman als Frau in dem US-Spielfilm „Tootsie“ um 20.10 Uhr auf Pro 7

Wenn ein Regisseur seinen männlichen Hauptdarsteller in Frauenkleider steckt, kommt in neun von zehn Fällen eine grobgeschnitzte Klamotte Marke „Charleys Tante“ dabei heraus. Die Klippen der Geschmacklosigkeit zu umschiffen, ist selbst für Routiniers wie den Regisseur Sydney Pollack und den Schauspieler Dustin Hoffman eine heikle Aufgabe. Hoffman, als Perfektionist bekannt und bei Regisseuren auch gefürchtet, verwandte darum noch mehr Zeit als sonst darauf, sich auf sein Auftreten in einer Frauenrolle vorzubereiten. Der Charakter des von ihm verkörperten Michael Dorsey ist dem seinen so unähnlich nicht: Der kapriziöse New Yorker Schauspieler bekommt keine Engagements mehr, weil er fortwährend mit seinen Regisseuren über die Art der Inszenierung streitet. Sein Agent, gespielt von Regisseur Pollack selbst, gibt ihm dies mit unmißverständlichen Worten zu verstehen.

Als Michael eine befreundete Kollegin (Teri Garr) zu einem Vorsprechen begleitet, diese aber abgelehnt wird, kommt ihm die rettende Idee: Er bewirbt sich nun seinerseits um die Rolle — als Frau verkleidet. Aus Michael Dorsey wird Dorothy Michaels. Tatsächlich erhält er die Rolle und spielt als Oberschwester in einer Krankenhausserie, einer typisch amerikanischen „Soap Opera“, und er respektive sie agiert so überzeugend, daß er zum eigentlichen Star der Serie aufsteigt. Sein Doppelleben aber macht ihm zunehmend zu schaffen. Als Frau ist er für eine seiner Kolleginnen (Jessica Lange) eine Vertrauensperson, als Mann verliebt er sich in sie. Zudem entwickelt der Vater der Angebeteten (Charles Durning) ein Faible für Dorothy. Das Umworbensein ist ebenso eine ungewohnte Erfahrung für ihn wie der offene Sexismus hinter den Kulissen der Fernsehproduktion. Michael beginnt, sein eigenes Verhalten zu hinterfragen und sich als Dorothy für „seine“ Kolleginnen einzusetzen.

Elegant verknüpften die Drehbuchautoren Larry Gelbart und Murray Schisgal in dieser Komödie ernstzunehmende Themen. Die trübe Situation der zahllosen arbeitslosen New Yorker Schauspieler, die ihren Lebensunterhalt als Kellner oder Taxifahrer verdienen, ist eines davon. Deftige satirische Seitenhiebe treffen die Fließbandproduktionen der US-Fernsehsender, während der alltägliche Sexismus am Arbeitsplatz deutlich Gegenstand einer an sich romantischen, alles andere als progressiven Filmhandlung ist. Pollack scheut selbst vor Momenten tränentriefender Sentimentalität nicht zurück, schrammt sogar mitunter hart an der Kitschgrenze entlang, versteht es aber, das Geschehen kurz vorm Zerfließen durch geschickt plazierte ironische Brechungen zu nuancieren. Darin ist der Film eben typisch amerikanisch: daß er sein Anliegen populär aufbereitet und an ein breites Publikum richtet, anstatt sich gedankenschwer nur an eine Minderheit zu wenden.

Mit „Tootsie“ beginnt Pro 7 mit der Ausstrahlung eines ganzen Pakets erfolgreicher US-Produktionen, u.a. heute um 23.35 Uhr „American Gigolo“ und am 4.11. „Blind Date“. Herr Dittmeyer