Glück auf, schwarzer Peter!

■ Schreckensmann Gauweiler könnte als bayerischer Umweltminister zum Glücksfall werden KOMMENTARE

Den schwarzen Peter muß man ihm nicht erst zuschieben, den hat er schon — seine rigiden Forderungen in der Aids-Politik haben Peter Gauweiler als Schreckensmann landesweit berühmt gemacht. Spätestens seit der Nachstellung des Gladbecker Geiseldramas, steht sein Name nicht nur für Hygienewahn, sondern auch für Paranoia — Super-Gauweiler galt selbst halbwegs liberalen Medien als einer der größten anzunehmenden Unfälle der Politik. Bei seiner Degradierung zum Leiter der Baubehörde nach dem Tod von Ziehvater Strauß atmeten nicht nur bayerische Schwule, Fixer — und andere Objekte gauweilerscher Begierden — hörbar auf. Und sie hätten, angesichts der Rückkehr des dynamischen CSU-Jungstars ins Ministeramt, allen Grund zu neuer Alarmstimmung, wäre da nicht das Ressort, das ihm zugeschlagen wurde: Es ist die Umwelt, deren Schutz der schwarze Peter in Bayern künftig besorgen soll.

Damit steht er der einzigen Abteilung vor, die einen fanatischen Saubermann wie Gauweiler nicht nur verkraften kann, sondern sogar dringend braucht. Ist doch dieses Ressort weltweit mit Laissez-faire-Anarchisten (aus allen bürgerlichen Parteien) besetzt, denen Müllawine und Abgaspest längst zum unvermeidlichen Alltag geworden sind. Ein Hygienefetischist und Sauberkeitsfanatiker, einer der achtlos weggeworfenen Müll am liebsten durch Abhacken der Hand bestrafen würde, kann in diesem antiautoritären Kinderladen namens „Umweltpolitik“ wahre Wunder bewirken, ein bißchen Waschzwang kann dem versifften Planeten nichts schaden. Insofern ist Gauweiler als Umweltminister ein Glücksfall.

Der Neue muß nichts anderes tun, als an seine ideenreiche Vergangenheit anknüpfen. So gibt es, in Gladbeck und anderswo, Giftdramen, deren Nachstellung für die Öffentlichkeit durchaus erhellend sein könnte. Und auch was die Meldepflichten und Grenzwerte oder gar die Zwangsmaßnahmen gegen umweltgefährdende Industrieobjekte betrifft, besteht dringender Handlungsbedarf. Ob Gauweiler seiner Spezialität — der direkten Aktion — auch im neuen Amt gerecht wird, bleibt abzuwarten. Daß er den finalen Rettungsschluß aller Atomkraftwerke im Alleingang durchführt, wäre vielleicht zu viel verlangt. Doch nur als Gesundbeter und Verwalter des Desasters zu fungieren, dazu hat es den Aktivisten Gauweiler noch nie auf dem Sessel gehalten.

Und der frisch gekürte Umweltmann kann im neuen Job sogar gänzlich ungeniert verfahren, sein Ruf ist ohnehin ruiniert — Situationen, die oft genug zu den erstaunlichsten Ergebnissen geführt haben. Als der tempobegeisterte Staatssekretär einmal wegen einer brachliegenden Baustelle im Stau stecken blieb, wurden hinfort nur noch Bauunternehmen beauftragt, die im 24-Stunden-Dienst arbeiteten — bleibt zu hoffen, daß der neue Minister demnächst über die erste brachliegende Umweltsauerei stolpert... Mathias Bröckers