Entführte JournalistInnen bedroht

Kokainbosse aus Medellin drohen mit Exekution, falls Übergriffe des Geheimdienstes nicht aufhören  ■ Aus Bogotá Ciro Krauthausen

Die Entführung von sieben JournalistInnen durch die kolumbianische Drogenmafia spitzt sich zu. Nachdem sich zwei der verschwundenen JournalistInnen gemeldet haben, bestätigte vorgestern ein Kommuniqué der „Auslieferbaren“, des harten Kerns um den Kokainboß Pablo Escobar, erstmals offiziell, die im September entführten JournalistInnen in ihrer Gewalt zu haben. Gleichzeitig drohten die „Auslieferbaren“ mit der Exekution der JournalistInnen, falls angebliche Pläne des Geheimpolizeichefs Peláez, Verwandte der Kokainbosse zu entführen, verwirklicht würden.

Die Geheimpolizei DIJIN wird in dem gleichen Papier beschuldigt, in der vergangenen Woche den Cousin Escobars, Hernando Gaviria, gefoltert und ermordet zu haben. Gaviria, der in der vergangenen Woche von einer Elitetruppe der Polizei erschossen wurde, war nach offiziellen Verlautbarungen „im Gefecht gefallen“.

An den Anschuldigungen der Drogenmafiosi könnte etwas Wahres sein. Seit Monaten ist offensichtlich, daß die kolumbianische Polizei im Kampf gegen Pablo Escobar und seine engsten Verbündeten keine Gefangenen macht. Oberst Peláez gilt als einer der brutalsten Polizeikommandanten Kolumbiens. Er war aufgrund des von einem ehemaligen Oberst der Polizei, Victor Ferreira, gesammelten Beweismaterials am 22.Juni dieses Jahres zwischenzeitlich abgesetzt worden. Nachdem bereits im März der Anwalt Ferreiras in Bogotá ermordet worden war und dann auch noch Ende Juli die von dem Ex-Oberst gesammelten Akten aus seinem Büro gestohlen wurden, verliefen alle Untersuchungen wegen Korruption und Menschenrechtsverletzungen im Sande. Ende August, der neue Präsident César Gaviria hatte sein Amt bereits angetreten, wurde Oscar Peláez als Chef der DIJIN bestätigt. Ein gut informierter Beobachter weiß davon zu berichten, daß ihn ausländische Drogenbekämpfungsbehörden, unter ihnen die nordamerikanische, wegen seiner Effektivität schätzen.

Trotz der düsteren Drohungen der „Auslieferbaren“ spricht einiges für die friedliche Lösung der Entführungen. Da die Regierung offiziell jegliche Gespräche mit der Drogenmafia verweigert, hat Guido Parra, ein bekannter Rechtsanwalt des Medellinkartells, Kontakt mit zwei Ex-Präsidenten, einem Kardinal und einem linken Parteiführer aufgenommen. Die „Notablen“, wie sie in Kolumbien genannt werden, ließen daraufhin in einem am Dienstag bekanntgewordenen Brief an Parra durchblicken, daß sie sich für eine Vermittlung der Vereinten Nationen im Drogenkrieg und für eine wissenschaftliche Untersuchung der Kokainproblematik einsetzen würden. Auch über eine von Parra vorsichtig geforderte Generalamnestie für die Drogenmafiosi ließe sich reden. Ebenfalls am Dienstag bot sich der ehemalige Bürgermeister Medellins, Juan Gomez Martinez, als Vermittler an.