IMTIYATROMTHEATER

CLOWNERIEAUFTÜRKISCHUNDDEUTSCH  ■  »SCHULE MIT CLOWNS«

Das ist mir lange nicht mehr passiert: Eine Theateraufführung, die so komisch und lustig war, daß ich noch Tage danach darüber lachen mußte. Dabei war das Thema noch nicht einmal etwas Besonderes, eher ein bekannter Witz, über den man — vor allem als Kind — gerne lachte: Schülerinnen und Schüler, die die Autorität Lehrer zur Verzweiflung bringen!

Was sich aber F.K. Waechter dazu ausgedacht hat, ist absolut ausgefallen und nicht dem Dunstkreis schnöder Schülerstreichphantasien entsprungen. In seinem Stück »Schule mit Clowns« will der gestrenge Lehrer Dr. Sinn ausgerechnet vier quirligen Clowns die drei Grundfesten althergebrachter Pädagogik — Ordnung, Disziplin und Respekt — einbleuen. Vier harmlos, drolligen Spaßvögeln also, die alles andere im Sinn haben als gefügige Gelehrsamkeit. Und das nicht etwa aus böser Absicht. Sondern einfach, weil Clowns nun mal Clowns sind. Daran läßt sich eben nicht drehen, schon gar nicht so, wie es Dr. Sinn versucht. Der liest nämlich kurze Kapitel aus einem Buch vor, die die Viererbande artig repetieren soll, und zwar, weil es mündlich nicht klappt, szenisch dargestellt. Nun ist aber das Vorgelesene so blödsinnig, daß nur die spielerische Phantasie und Komik der Clowns etwas Witziges daraus machen können.

In der Inszenierung des Stückes durch das türkische Theater »Tiyatrom«, ist davon mehr als genug zu sehen. Es kann ausgiebig gelacht und gestaunt werden. Niemals fällt jedoch die gut abgestimmte Mischung aus Clownerie, Karikatur und genialem Nonsens in puren Klamauk ab. Auch werden keine billigen Scherze auf Kosten der Lehrerfigur vorgeführt. Der herausragend gut gespielte Dr. Sinn ist selbst Karikatur genug und wirkt dabei nie überzogen lächerlich. Seine hilflose und mühevolle Strenge machen ihn sogar fast symphatisch.

»Schule mit Clowns« heißt auf türkisch und bei Tiyatrom »Palyacolar Okulu«, türkisch sprechen auch die vier Schulpflichtigen. Und wenn beim ersten Auftritt des deutsch sprechenden, preußisch-korrekten Lehrers der Radetzkymarsch aufspielt, und somit die orientalische Musik der Clowns übertönt wird, wenn Dr. Sinn vom zwei Menschen hohen Podest herunter zackig »Guten Morgen!« bellt, dann ist die Aufführung mehr als nur ein antiautoritäres Kinderstück. Solche und andere, mehr oder weniger versteckte Anspielungen auf das deutsch- türkische Verhältnis gibt es jedenfalls immer wieder. Nicht nur die Kinder ab 7Jahren werden diese mit ihrem Alltag vergleichen können, denn »Palyacolor Okulu« ist eben genausogut ein Erwachsenenstück. Christian Bahr

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