„Wir unterstützen Gregor weiter“

■ Karl Wechselberg ist Landesvorstandsmitglied Bremer Bündnis PDS/Linke Liste

taz: Ihr wollt in der nächsten Woche zum Bremer PDS- Wahlkampf antreten. Hast du keine Bauchschmerzen nach der ganzen Finanzgeschichte?

Karl Wechselberg: Bauchschmerzen habe ich natürlich schon. Auf der anderen Seite sollten aber jetzt unsere politischen Inhalte nicht völlig überlagert werden. Was wir wollen ist eine starke linke Opposition im neuen Bundestag.

Durch die Schiebereien habt ihr aber noch mehr an Glaubwürdigkeit verloren. Gibt's da keine Angst, daß euch nun die ganzen Felle wegschwimmen?

Also, ich habe schon noch die Hoffnung, daß es uns in den nächsten Wochen gelingt, glaubhaft zu machen, daß wir uns wirklich um einen Neuanfang dieses Erneuerungsprozeßes bemühen.

Neuanfang mit Skandal?

Ich sehe diesen Skandal, den es da in Ost-Berlin gegeben hat, nicht nur negativ. Er hat gerade auch der West-Linken, sehr realistisch den Spiegel vorgehalten, uns gezeigt, wie der Stand der Erneuerung in der PDS ist. Da können wir jetzt bewußter eingreifen.

Wenn euch nicht schon vorher die Leute weglaufen

Bis jetzt gibt es noch keine Austrittswelle bei der PDS. Zumindest die Landesverbände im Westen und die Unterstützerkreise stehen nach wie vor zu diesem Projekt.

Was wird die Konsequenz für Bremen sein?

Ich bin dafür, daß man zum Beispiel im Präsidium und im Vorstand der PDS Leute aus der Linken Liste integriert, die dann auch verantwortlich sind für den ganzen Prozeß. Außerdem muß gemeinsam mit anderen linken Kräften thematisiert werden, welches neue Partei-und Politikverständnis es denn zu entwickeln gilt.

Habt ihr darüber schon mal konkreter diskutiert?

Ja, insbesondere auch über das Verhältnis von Partei und Bewegung. Konkrete Ergebnisse gibt es allerdings nicht. Was ich mir persönlich vorstelle, ist eine Parteiform, die offen ist auch für Leute, die mit der Partei eigentlich nichts am Hut haben. Auch die müssen Gestaltungsmöglichkeiten haben. Das ganze sollte möglichst offen, transparent und flexibel sein.

Bei der Wahl sieht's doch aber wieder mal ganz anders aus. Die Werbung wird zentral organisiert und Gysi macht am 7.November Bremer Wahlkampf. Was ist daran flexibel?

Wir haben hier nicht die Möglichkeit sämtliche Plakatierungsaktionen selbst zu organsieren. Deshalb wird das zentral gemacht. Aber wir haben selbstverständlich auch in Bremen verschiedene Aktionen geplant. Zum Beispiel eine Veranstaltungsreihe mit Themen zum Stalinismus bis hin zu Partei und Bewegung sowie über den Neuformierungsprozeß der Linken. Außerdem werden wir Infotische und Stände machen. Ich finde, daß ist eigentlich eine recht ausgeglichene Mischung zwischen zentraler Organisation und eigener Aktivität.

Werdet ihr Gysi weiter unterstützen?

Selbstverständlich werden wir Gregor weiter unterstützen.

Trotz der Ereignisse und obwohl noch nicht klar ist, ob er von dem Deal gewußt hat?

Ich gehe davon aus, daß er nicht davon gewußt hat. Anders kann ich mir auch seine Reise nach Moskau nicht erklären. Habt ihr auch schon mal daran gedacht euch aufzulösen?

Nein, das würde ich auch politisch für völlig falsch halten. Wir haben uns ja auf den Partner PDS mit allen seinen Schwierigkeiten und auch mit der speziellen Problematik seiner Vergangenheit sehr bewußt eingelassen. Das bedeutet für uns, daß wir die PDS als solche annehmen wie sie ist und gemeinsam versuchen was zu verändern.

Das hört sich jetzt aber wie eine Durchhalteparole an. Wollt ihr um jeden Preis weitermachen?

Nein, das würde ich nicht so interpretieren. Es ist schon sehr selbstkritisch gemeint, wenn ich sage, wir haben diesen Erneuerungsprozeß wahrscheinlich mit einer gewissen Blauäugigkeit verfolgt, und daß wir jetzt auf einer realistischeren Basis an diese Erneuerung herangehen.

Fragen: Birgit Ziegenhagen