Der Ampelvorsteher heißt Stolpe

■ Ministerpräsident von Brandenburg gewählt/Erste Ampelkoalition in der Geschichte der BRD

Potsdam (taz) — Der neue erste Mann in Brandenburg heißt Manfred Stolpe. Wie erwartet wurde der evangelische Konsistorialpräsident gestern zum Ministerpräsidenten gewählt. Der 54jährige Stolpe bekam in der geheimen Abstimmung 58 der 85 abgegebenen Stimmen. Der SPD- Mann erhielt auch Stimmen aus dem Oppositionslager. SPD, Bündnis 90 und Liberale verfügen zusammen über 48 Mandate. Die CDU stellt 27, die PDS 13 Abgeordnete. Zwei SPD und ein CDU-Abgeordneter fehlten.

Die CDU-Opposition warf der Regierungskoalition gestern unerwartete Stolpersteine in den Weg. Sie blockierte zunächst das „Gesetz zur Arbeitsfähigkeit des Parlaments und der Regierung“, die Übergangsverfassung. Bei der ersten Abstimmung erreichte es nicht die erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit. Zwei Punkte paßten den Christdemokraten nicht: Der Volksentscheid, der für die Verabschiedung einer neuen Verfassung verankert werden sollte und die Zusammensetzung des Verfassungsausschusses. Der sollte zur Hälfte aus Nicht-Parlamentariern bestehen. In zweistündigen Beratungen einigten sich Präsidium und Fraktionsvorsitzende schließlich darauf, beide Punkte zu streichen. Das Gesetz wurde dann ohne Gegenstimmen und mit zwei Enthaltungen angenommen.

Am Morgen hatten die Fraktionen von SPD, Bündnis 90 und Liberalen die Koalitionsvereinbarung über die Regierungszusammenarbeit unterschrieben. In dem Papier wird unter anderem die Absicht festgehalten, ein kommunales Wahlrecht für Ausländer einzuführen. Die Regierung will hierfür eine Verfassungsänderung anstreben. Auch die Liberalen sprachen sich gestern für ein kommunales Ausländerwahlrecht aus (siehe dazu auch Seite 6).

Sein Kabinett konnte Stolpe gestern noch nicht vorstellen. Nachdem die Liberalen noch nicht in der Lage waren, für ihre beiden Ressorts, Wirtschaft und Wissenschaft/Kultur, Namen zu nennen, verschob Stolpe die Vorstellung. Der ehemalige Berliner Finanz-Senator Rexrodt, hieß es gestern, stehe für die Liberalen nicht mehr zur Verfügung. Das Bündnis 90 wird seine beiden Ressorts Umwelt/Raumordnung und Bildung/Jugend/Sport mit Matthias Platzeck und der Bundestagsabgeordneten Marianne Birthler besetzen. Sechs der insgesamt zehn Ressorts besetzen die Sozialdemokraten. Für die Landwirtschaft ist der ehemalige stellvertretende DDR- Minister Edwin Zimmermann im Gespräch. Justizminister soll der ehemalige Leiter der ständigen Vertretung Hans-Otto Bräutigam werden. Fest steht, daß die ehemalige DDR-Ministerin Regine Hildebrandt auch in Stolpes Kabinett einen Ministersessel bekommt. An sie geht das Ressort Arbeit, Soziales, Gesundheit und Frauen. Weiter stellen die Sozialdemokraten den Minister für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr und den Landwirtschaftsminister. Die Ressorts Inneres und Finanzen gehen ebenfalls an die Sozialdemokraten. Stolpe will sein Kabinett namentlich am 15. November vorstellen. Die Regierungserklärung kündigte er für Anfang Dezember an. bf