SCHÖNER LEBEN: "Ich habe geklaut"
■ Der Fall Waller: Erschütterndes Geständnis auf dem Gipfel einer Künstler-Karriere
Wer liegt da windlings unbehaust unter der Weserbrücke und hat ein Sportcoupé doch und Villa und Bestallung? Es ist der Waller Jürgen, der Herrscher der Kunsthochschule, auf Lumpen, die Wangen schon eingefallen. Hungern tut er, der Waller Jürgen, und hält doch ein Schild von Pappe hoch, darauf: „Habe zwei Jahre unter Brücken gelebt. ABM ist Künstlerschande!“
Stunden nur später bei Karstadt: Ein zottelig Nichtseßhafter, den wir zu kennen meinen, stopft armdicke Dauerwürste und große Weinflaschen unter grünen Rotkreuzloden. Dem Detektiv Albert L. wimmert er dann vor: „Ich habe lieber gehungert, habe geklaut. Aber nicht nach dem Staat gerufen.“
Tags darauf die Pressekonferenz: Der Waller Jürgen, duftend, Designerkrawatte, aufgeräumt. Noch blaß. „Das ist ein Mastbetrieb hier!“ Offensives Augenblitzen. „Hochgepäppelt! Geh' zurück in dein Dorf! Mediokrer!“ Der Waller Jürgen hat's wieder allen Waschlappen und Staatssäugern gezeigt. „Pah Hunger Brückenschlaf! Mach' ich heute noch auf der linken Backe ab! Ich habe den Staat nicht gerufen. Der Staat, der hat mich gerufen!“ Burkhard Straßmann
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