Neu im Atlantis: "Mr. and Mrs. Bridge" von James Ivory/ Pinkels feines Konfekt-Kino

■ Ein Film für den gepflegten Abend / Paul Newman und Joanne Woodward: zum Glück wirklich ein Ehepaar

Die Filme der beiden sind wie ihre Namen: Ismail Merchant und James Ivory — das klingt kultiviert, weltläufig und nach „definitely upper class“. Seit 1963 machen der Produzent und sein Regisseur in erster Linie feine Filme über feine Leute — und da es solche heute kaum noch gibt, sind ihre letzten Produktionen fast ausschließlich in der literarischen Vergangenheit angesiedelt. „Mr. and Mrs. Bridge“ spielt im Kansas City der 30er und 40er Jahre und hat zwei Romane von Evan Connel zur Vorlage.

Die Bridges sind ein amerikanisches Ehepaar wie aus dem Bilderbuch: eine Villa im feinen Vorort, eine Anwaltspraxis, zwei Söhne und eine Tochter. Walter ist das kühle und strenge Familienoberhaupt — und eine Verkörperung von amerikanischen Redensarten: he always keeps a stiff upper lip oder he never gives an inch. Seine Frau India weiß dagegen gar nicht wohin mit all ihrer Wärme und Herzlichkeit. Die beiden entfernen sich, in ihrer vermeintlich heilen Welt, immer mehr von der Realität.

Den Gefühlen und Problemen ihrer Kinder und Freunde stehen sie hilflos gegenüber, aber die Fassade des sauberen, gesitteten Lebens wird bis zum Schluß gewahrt. Rührend naiv ist dieser „american way of live“, zugleich in seiner Sturheit abstoßend.

hierhin bitte das

Foto von dem älteren

Paar

Paul Newman und Joanne Woodward als die beiden Bridges sind tatsächlich seit über dreißig Jahren miteinander verheiratet. Das kommt, weil fiktives Kino eben auch immer dokumentarisch ist, dem Film sehr zugute. In kleinen, alltäglichen Szenen, wenn beide nur im Bett liegen oder zusammen am Tisch sitzen, spürt man deshalb ihre Vertrautheit und Nähe zueinander am besten. Joanne Woodward hat die dankbarere Rolle von beiden, einige Kritiker meinten deshalb sogar, sie habe ihren Mann an die Wand gespielt, aber Paul Newman ist diesmal wohl einfach planmäßig nur ein kaum beweglicher Klotz.

Irritierend ist allerdings, daß er in der deutschen Fassung plötzlich mit der Stimme von Hellmut Lange spricht.

Wie in allen Merchant/Ivory-Filmen kann man sich auch hier wieder behaglich zurücklegen und die schmucken und geschmackvoll inszenierten Szenen an sich vorüberziehen lassen. Allerdings fehlt Ivory jede Magie, die wirklich gute Regisseure auszeichnet. Seine Filme sind immer ein wenig kunstgewerblich und riechen nach Museum. Er bietet feines Kino für den gepflegten Abend. Wilfried Hippen