SAT1 kommt und legt sich gleich mit RIAS an

■ Mainzer Privatsender zieht von Hamburg nach Berlin/ Klage gegen RIAS-Frühstücksfernsehen angedroht

Berlin. Der private Fernsehsender SAT1 mit Hauptsitz in Mainz verlagert einen redaktionellen Schwerpunkt mit Beginn des kommenden Jahres von Hamburg nach Berlin — und legte sich schon gestern anläßlich der Präsentation seiner Pläne mit dem RIAS an. SAT1-Geschäftsführer Jürgen Doetz drohte vor der Presse mit rechtlichen Schritten, falls RIASTV 1991 sein »Frühstücksfernsehen« weiterhin auf der Frequenz von ARD und ZDF ausstrahlen dürfe.

Hintergrund der sich abzeichnenden Auseinandersetzungen ist die rechtlich nicht hinreichend gesicherte Zukunft des Sender RIAS, der von der Bundesregierung und der offiziellen US-Informationsagentur finanziert wird. Seit dem 3. Oktober sendet RIASTV, der bislang nur in Berlin und Umgebung zu empfangen war, sein Frühstücksfernsehen als Testlauf im Rahmen des Vormittagsprogramms von ARD und ZDF. Obwohl mehrere Vorschläge zur Zukunft des RIAS bekanntwurden, haben sich die Ministerpräsidenten der Länder noch nicht auf eine Lösung verständigen können.

RIAS-Intendant Helmut Drück sagte ebenfalls gestern, RIASTV sei besonders geeignet, für ARD und ZDF das gemeinsame Frühinformationsprogramm zu gestalten. Dies wäre das für die Länder und die Gebührenzahler wirtschaftlichste Verfahren. Werde das kostengünstige RIAS-TV-Programm eingestellt, würden ARD und ZDF aus Konkurrenzgründen gezwungen sein, ein eigenes Frühstücksfernsehen einzuführen.

Falls RIASTV weiter auf der Berliner Frequenz sende, erwäge man bei SAT1 eine Klage wegen der Verfassungsmäßigkeit des Senders. Kürzlich hatte bereits eine hiesige Lokalzeitung gegen die Finanzierung von RIASTV geklagt, war jedoch in erster Instanz unterlegen. Der Privatsender SAT1 wird zu Beginn des nächsten Jahres sein bundesweites Frühstückfernsehen aus Berlin senden. Aus diesem Grund wird die momentan noch in der Hamburger City Nord ansässige Redaktion in die Hauptstadt ziehen, kündigte Geschäftsführer Jürgen Doetz gestern vor der Presse an.

In Berlin sendet SAT1 auf einer terrestrischen Frequenz im Kanal 25 gemeinsam mit RIASTV, das zwei Programmblöcke jeweils am Morgen und am Abend ausstrahlt. Mit der Verlagerung von Produktionskapazitäten nach Berlin erfüllt der Mainzer Sender einerseits Bedingungen der Frequenzvergabe, deren Einhaltung vom Berliner Kabelrat in der Vergangenheit immer wieder angemahnt worden war. Andererseits wird von SAT1 damit eine Situation herbeigeführt, die schnelle Entscheidungen provoziert. Doetz sagte, man wolle künftig den Kanal allein nutzen, und forderte den Kabelrat auf, entsprechende Beschlüsse zu fassen.

Doetz kündigte weitere Verlagerungen von Produktionskapazitäten nach Berlin an, schränkte jedoch zugleich ein, daß die technischen Voraussetzungen hierfür derzeit noch begrenzt seien. Der Privatsender sucht derzeit nach einem geeigneten Standort in der Stadt, um Produktion, Redaktion und Programmdirektion zusammenzuführen. Dazu teilte Doetz mit, man habe auch schon mit den Verantwortlichen des Deutschen Fernsehfunks (DFF) in Berlin-Adlershof und der DEFA in Potsdam-Babelsberg gesprochen.

RIAS-Intendant Drück hat sich gegen die Forderung der Deutschen Welle gewandt, RIASTV zu übernehmen und zum Grundstock für ein deutsches Auslandsfernsehen zu machen. Eine solche Lösung werde die Gebührenzahler »teuer zu stehen kommen«, warnte Drück. dpa/taz