Comeback in die Sportwelt

Das sportbegeisterte Südafrika möchte seine Athleten wieder bei den Olympischen Spielen an den Start schicken, aber ob die Gründe für die Aufhebung des Sportboykotts schon ausreichen, bleibt fraglich  ■ Aus Johannesburg Tim Murphy

Südafrika wird an diesem Wochenende in Harare, der Hauptstadt des Nachbarstaates Simbabwe, erste konkrete Versuche für ein Comeback in der internationalen Sportwelt machen. Der Verband der olympischen Komitees in Afrika hat Sportfunktionäre von beiden Seiten des Apartheid-Zauns nach Harare gebeten, um Südafrikas Bitte um Wiederzulassung zu den Olympischen Spielen zu prüfen.

Das Internationale Olympische Komitee (IOC) hat die Zulassung des Landes von der Zustimmung der afrikanischen Mitglieder abhängig gemacht. Doch obwohl es als höchst unwahrscheinlich gilt, daß Afrikas Olympia-Verbände dem verhaßten Nachbarn gleich im ersten Anlauf den Zutritt gewähren, hat die bloße Aussicht auf eine Wiederzulassung im sportbegeisterten Südafrika Euphorie ausgelöst. Johannesburgs Tageszeitung 'The Star‘ sieht bereits einen „Regenbogen am Horizont“. 1992 in Barcelona, spätestens aber 1996 in Atlanta, so hoffen viele, könnte es soweit sein.

Eine auch nur teilweise Aufhebung des Sportboykotts würde für Präsident de Klerk einen ungeheuren Popularitätsgewinn im Lande bedeuten. Mehr noch als die Wirtschaftsblockade hat der Sportboykott starken Einfluß auf die psychologische Befindlichkeit der Weißen im Lande. Selbst drittklassige Sportler aus dem Ausland, die den Boykott brechen und ans Kap reisen, werden von der Presse Südafrikas regelmäßig in den Himmel gehoben.

Südafrikas „etabliertes“ Olympia-Komitee, von Weißen gelenkt, gibt sich konziliant. „Ich bin sicher, daß unsere Sportfunktionäre ganz erpicht darauf sind, die von uns erwartete Einheit zu schaffen“, sagt Exekutivdirektor Du Plessis. Der „Nationale Olympia- und Sportkongreß“, Wächter über den auch von den Vereinten Nationen gestützten Weltboykott, ist positiv gestimmt. „Zumindest reden wir“, meint Generalsekretär Mthovi Tyanzashe. „Das Treffen in Harare ist ein Katalysator für weiteren Fortschritt.“ Doch de Klerk, sagt er, habe noch nicht genug getan, damit die Welt die Türen für Südafrika wieder aufstoßen könne.

Unterdessen mühen sich Sportorganisationen innerhalb des Landes, die Rassentrennung zu überwinden. In einigen Bereichen scheint dies zu gelingen, in anderen nicht. Die beiden Rugby-Verbände etwa stoßen bei ihren Einigungsbemühungen bislang ohne Erfolg, dafür mit großem Getöse, aufeinander.

Solange jedoch die Rassenschranken beim Sport nicht beseitigt sind, ist auch Südafrikas Aussicht auf eine Rückkehr in den Weltsport minimal. Bruce Kidd, ehemaliger Olympia- Athlet Kanadas und heute Aktivist der internationalen Kampagne gegen Apartheid-Sport, nannte diese Woche in Toronto die Bedingungen. Erstens müssen alle Sportverbände Südafrikas „nicht-rassisch, demokratisch und vereint“ sein. Zweitens müsse das Sportestablishment alle Benachteiligungen schwarzer Athleten abbauen.

Seit 1968 haben immer mehr Sportverbände einen Boykott über den Apartheid-Staat verhängt. Zum letzten Mal trat ein südafrikanisches Team in Rom 1960 bei einer Olympiade auf. Bis auf Golf und den Boxsport ist die internationale Sport-Isolation des Landes nahezu komplett. Erst vor zwei Wochen stornierte Südafrikas Tennis-Union ihre zwei letzten internationalen Turniere. Die Hotelkette Sun International, in deren Hotels viele internationale Sportereignisse stattfinden, kündigte gleichzeitig an, sie werde den Boykott berücksichtigen und allen ausländischen Spielern die Teilnahme künftig verwehren. Südafrikas Golfer klagen über erhebliche Einkommensverluste, seit ihnen der Zutritt zu Turnieren in Spanien, Holland, Nordafrika und skandinavischen Ländern verwehrt wird.

Das „nicht-rassische Olympische Komitee“ Südafrikas, das wie viele andere die Sanktionen befürwortenden Sportorganisationen dem Afrikanischen Nationalkongreß nahesteht, argumentiert wie der ANC bei den Wirtschaftssanktionen: Der politische Wandel von der Apartheid zur Demokratie im Lande müsse erst „unumkehrbar“ sein, bevor der internationale Boykott aufgehoben werden könne.

Für den ansonsten recht machtlosen ANC sind die internationalen Sanktionen in den Bereichen Wirtschaft, Kultur und Sport eines der wenigen Druckmittel für bevorstehende Verhandlungen mit der weißen Regierung, die er nicht leichtfertig aus der Hand geben will. Ende des Jahres, verkündete ANC-„Kronprinz“ Thabo Mbeki diese Woche, wolle die Organisation ihre Haltung zu Sanktionen überprüfen. Sie seien, betonte er, „ein wichtiger Teil des Drucks, der den Wandel in Südafrika herbeiführen soll“.