Bremer CDU hetzt gegen Ingrid Strobl

■ Die Journalistin hat für 1991 einen Lehrauftrag an der Bremer Universität/ CDU und Junge Union protestieren gegen „Ex-RAF-Mitglied“/ Warnung vor „militanter Kaderschmiede“

Bremen (taz) — Der Lehrauftrag für Ingrid Strobl an der Bremer Universität hat heftige Reaktionen bei der Bremer CDU und ihrer Jungen Union ausgelöst. Günter Klein, stellvertretender CDU-Fraktionschef in der Bremer Bürgerschaft, bezeichnete Ingrid Strobl als „Ex-RAF-Mitglied“. Jens Eckhoff, Landesvorsitzender der Jungen Union, befürchtet gar, daß „zahlreiche junge Menschen in Bremen Erfahrungen im Umgang mit Sprengstoff sammeln“ werden. Eckhoff weiter: Die Uni Bremen werde jetzt von „einer politischen in eine militante Kaderschmiede“ abfallen.

Vor einer Woche hatte Jürgen Timm, Rektor der Bremer Universität, sein Okay gegeben. Ingrid Strobl wird im Januar 1991 ein Blockseminar bei den Human- und Sozialwissenschaften übernehmen. Titel der Veranstaltung: „Frauenwiderstand gegen bevölkerungspolitische Maßnahmen“.

Verschiedene Frauenprojekte an der Bremer Uni und der Frauen- Asta hatten das Seminar seit Anfang 1989 immer wieder gefordert. Als der Antrag zum ersten Mal gestellt wurde, war Ingrid Strobl noch in Untersuchungshaft. Wichtigster Anklagepunkt damals: „Unterstützung einer terroristischen Vereinigung“ nach § 129a. Nachdem der Bundesgerichtshof im Revisionsverfahren den Hauptanklagepunkt kassiert hatte, wurde Ingrid Strobl ohne erneute Beweiserhebung wegen „Beihilfe zum Herbeiführen einer Sprengstoffexplosion“ vor zehn Tagen vom Oberlandesgericht Düsseldorf zu drei Jahren Haft verurteilt. Die zweieinhalbjährige U-Haft wurde angerechnet und die Reststrafe zur Bewährung ausgesetzt.

„Wir haben den Antrag damals bewußt gestellt, als sie noch im Knast saß“, erklärte Silke Strukmeyer, eine der Unterstützerinnen. „Einmal, weil wir Interesse an ihrer wissenschaftlichen Arbeit hatten, und zweitens als Ausdruck politischer Solidarität.“ Außerdem wollten die Frauen deutlich machen, daß sie „grundsätzlich gegen den § 129a sind“.

Nach anfänglichen „Bedenken“ sind sich inzwischen auch Fachbereich und Rektor darüber einig, daß das Blockseminar eine „sinnvolle Ergänzung des vorhandenen Lehrangebots“ ist. „Ich begrüße es“, sagte Timm auf der letzten Podiumsdiskussion des Asta, „wenn die Uni einen Beitrag zur Rehabilitation von Ingrid Strobl leistet.“

Während die SPD die Entscheidung als interne Angelegenheit der Universität akzeptiert, schäumt die CDU. Ingrid Strobl würde erneut den „mühsam erworbenen besseren Ruf“ der Uni in den Schmutz ziehen. „Hier handelt es sich um eine politische Demonstration, durch die unter Mißbrauch des Instrumentes eines Lehrauftrages Solidarität geübt werden soll“, tönte Günter Klein. Birgit Ziegenhagen