Kommunen wollen Land für Flüchtlinge zur Kasse bitten

Hannover (taz) — Dem Vorwurf, „Flüchtlingen Gutes zu tun, aber die Kommunen dafür zahlen zu lassen“, sieht sich der niedersächsische Bundesratsminister Jürgen Trittin ausgesetzt. Ohne Einigung endete gestern ein Gespräch des grünen Ministers mit den kommunalen Spitzenverbänden in Niedersachsen über die finanziellen Folgen des dauernden Bleiberechts, das das Land Niedersachsen etwa 20.000 Flüchtlingen gewähren will.

„Es ist unerfreulich, wenn in Zusammenhang mit der Verbesserung der rechtlichen und sozialen Stellung von Flüchtlingen kleinkrämerisch um Zahlen gefeilscht werde“, sagte Trittin im Anschluß an das Gespräch. Die Städte Göttingen und Wolfenbüttel wollten nun weiterhin auf gerichtlichem Wege eine Erstattung zusätzlicher Sozialhilfekosten erzwingen, die angeblich durch die Bleiberechtsregelung auf sie zukämen.

Das dauernde Bleiberecht will das Land Niedersachsen all den Flüchtlingen gewähren, die sich mindestens vier Jahre legal in der Bundesrepublik oder DDR aufgehalten haben und am Stichtag, dem 1. August dieses Jahres, in Niedersachsen lebten. Unabhängig von der Vierjahresfrist erhalten nach der Regelung besonders gefährdete Flüchtlinge aus den Ländern Afghanistan, Albanien, Sri Lanka, Irak, Iran, dem Libanon und Christen und Yezidi aus der Türkei ein dauerndes Aufenthaltsrecht. Das Bleiberecht, das die Flüchtlinge bis Ende 1990 beantragen müssen, können damit noch vor Inkrafttreten des neuen Ausländerrechts solche Flüchtlinge erhalten, die bisher aus humanitären Gründen nicht abgeschoben wurden. Das neue mit dem Jahreswechsel gültige Ausländerrecht sieht eine Duldung abgelehnter Asylbewerber nicht mehr vor.

Als finanziellen Ausgleich für höhere Sozialhilfekosten der Gemeinden durch die Bleiberechtsregelung hatte das niedersächsische Landeskabinett beschlossen, den Kommunen einmalig 10.000 DM für jeden Flüchtling zu zahlen, der seinen Asylantrag zurücknimmt und statt dessen ein dauerndes Bleiberecht beantragt. Jürgen Voges