Bush vergleicht Hussein mit Hitler

■ Die Äußerung des US-Präsidenten wird von mehreren Seiten als ungeschickt gesehen/ Kritik an der unklaren Position des Weißen Hauses/ Oppositionelle Initiativen fordern eine andere Energiepolitik

Berlin (taz) — US-Präsident Bush hat mit seiner auf einer Wahlkampfkundgebung gemachten Äußerung, Saddam Hussein betrage sich schlimmer als Hitler, von mehreren Seiten Widerspruch provoziert. Der Direktor der jüdischen Organisation B'nai B'rith nannte die Bemerkung eine „unglückliche Übertreibung“.

Auf einer Veranstaltung zur Unterstützung republikanischer Kongreßkandidaten in Massachusetts hatte Bush am Donnerstag geäußert, der Mißbrauch amerikanischer Staatsbürger als Schutzschilde gegen militärische Angriffe auf strategische Ziele im Irak sei schlimmer als Hitlers Praktiken. Als er später auf einer Pressekonferenz gefragt wurde, ob er wirklich einen Vergleich mit dem Holocaust ziehen wolle, wehrte sich Bush mit dem Hinweis, Hitler habe immerhin die Legitimität von Botschaften gewürdigt. Gleichzeitig stritt er ab, daß die seit Beginn dieser Woche gesteigerte rhetorische Radikalität seiner Administration auf baldige militärische Aktionen gegen den Irak hinweise.

Die widersprüchlichen Töne aus dem Weißen Haus, die zum einen Saddam einschüchtern, gleichzeitig aber die Bevölkerung des eigenen Landes beruhigen sollen, bereiten einem Bericht der 'New York Times‘ zufolge auch engen MitarbeiterInnen Bushs Unbehagen. Die Botschaft Bushs sei „außer Kontrolle“, niemand scheine gegenwärtig „das Kommando innezuhaben“, zitiert das Blatt einen hohen Mitarbeiter der Administration. Auch eine Äußerung Barbara Bushs, der Präsident sei bereit, sich mit Saddam unter vier Augen zu treffen, sofern dies helfe, eine friedliche Lösung näherzubringen, wurde von ihrem Gatten rasch dementiert. Ein solches Treffen sei erst möglich, falls der Irak sich aus Kuweit zurückziehe.

Auch aus dem Ausland kam Kritik an Bushs politischem Stil. Der konservative ehemalige britische Premierminister Heath, der im Oktober nach Bagdad gereist war, sagte, die Situation sei zu gefährlich, daß Bush Entscheidungen aufgrund persönlicher Antipathien fällen dürfe.

Währenddessen bildet sich in der Bevölkerung der Vereinigten Staaten auf zwei Ebenen eine organisierte Opposition gegen die Kriegsvorbereitungen im mittleren Osten heraus. Am wichtigsten sind mehrere über das ganze Land verstreut arbeitende Gruppen, die von Angehörigen der am Golf stationierten Einheiten gebildet wurden. Wie immer, wenn in den letzten beiden Jahrzehnten der Ausbruch eines militärischen Konflikts mit amerikanischer Truppenbeteiligung drohte, drängt sich ihnen die Erinnerung an den Vietnam- Krieg ins Bewußtsein. Mit einer klaren politischen Botschaft meldet sich außerdem eine Koalition von Verbraucher- und Umweltschutzinitiativen zu Wort, die das eigentliche Kriegsziel ihres Präsidenten — den Zugang zu den Ölreserven des mittleren Ostens — in Frage stellt und den Benzindurst der amerikanischen Autogesellschaft ins Visier nimmt.

„Wir wollen nicht den hohen Preis bezahlen, den das Öl aus dem mittleren Osten kostet. Wir wollen nicht für Detroit in den Krieg ziehen“, heißt es in einer Anzeige, die am Freitag in der New York Times erschien. „Bei uns Energie zu sparen, ist besser, als die Leben von Amerikanern in fernen Ländern zu verlieren“, so die Koalition.

Einer ihrer Sprecher, der an vielen Umweltfronten streitende Jeremy Rifkin, forderte die Administration und den Kongreß auf, ihre kriegerische Energie in einen „Energiekrieg an der Heimatfront“ umzuwandeln. sf