Kanal gestrichen voll mit Margarine

■ Rummelsburger See mit Pflanzenöl angefüllt/ Größte Gewässerverseuchung im Ostteil der Stadt: Das Wasser glänzt auf 12.500 Quadratmetern/ Entsorgte Margarine-Kombinat billig seine Rückstände?

Ost-Berlin. Margarine-Alarm in Lichtenberg: Die bislang größte Gewässerverseuchung im Ostteil der Stadt ist mutmaßlich von einem Ex- Margarine-Kombinat verursacht worden. Am Freitag früh flossen aus einem Regenwasserkanal in Höhe eines ehemaligen Betonwerks an der Hauptstraße gleich mehrere hundert Kubikmeter einer dickflüssigen Pflanzenfett-Emulsion in den Rummelsburger See in Lichtenberg. Die grün-gelblich schillernde, ölartige Flüssigkeit verteilte sich auf einer Fläche von insgesamt 12.500 Quadratmetern vis-a-vis vom Rummelsburger Hafen. Unterdessen hat die Umweltkripo nach Angaben der staatlichen Gewässeraufsicht in Ost- Berlin gegen das »Kombinat Öl und Margarine Magdeburg« ein förmliches Ermittlungsverfahren eingeleitet.

Nach anfänglichen Orientierungsschwierigkeiten fanden Kripoleute und Gewässeraufseher noch am Freitag heraus, daß der Hauptregenwasserkanal genau in Richtung eines zentralen Öllagers des Kombinats an der Lichtenberger Josef-Orlopp- Straße führt. Die Entfernung von der Einlaufstelle in den Rummelsburger See bis zu dem Öllager beträgt nur etwa 3 Kilometer Luftlinie. Der zuständige Mitarbeiter der Gewässeraufsicht, Rolf Eckstein: »Als wir dort hingekommen sind, ist in der Firma nur der Geschäftsführer gewesen. Er hat sich zu dem Verdacht nicht geäußert. Der Betrieb ist auf Kurzarbeit und wird wahrscheinlich die Produktion ganz einstellen.« Vermutungen des erfahrenen Aufsichtsbeamten: »Hier wurde absichtlich billig entsorgt, wahrscheinlich Rapsöl aus der Hofentwässerung unmittelbar in den Regenwasserkanal eingeleitet. Die Sache geht auf jeden Fall vor den Staatsanwalt.«

Der Behördenvertreter, der für die Kotrolle von gewerblichen Einleitern vom Müggelsee bis zum Rummelsburger Hafen verantwortlich ist, fand heraus, daß in dem in Auflösung befindlichen Kombinat neben Rapsöl auch Fischöl und Sonnenblumenöl gelagert sind. Zum Weiterverkauf an andere Betriebe seien diese Öle aus Großtanks jeweils in Kesselwagen der Reichsbahn beziehungsweise in Tanklastzüge umgefüllt worden. Versehentlich könnte das Öl aber kaum ausgeflossen sein, jedenfalls »nicht in solchen Mengen«, so Wasserkontrolleur Eckstein. »Da hätte der ganze Betrieb schlafen müssen.«

Die am Freitag früh von Beschäftigten des ehemaligen Betonwerks alarmierte Feuerwehr legte zunächst eine Ölsperre von 180 Metern Breite über den Rummelsburger See. Um ein weiteres Auslaufen von Pflanzenfett zu verhindern, wurden dazu vor dem Regenwassereinlauf und seitlich von davor vertäuten Schiffen sogenannte Ölschlengel plaziert, das sind mit Preßluft gefüllte Kunststoffwände. Unter Einsatz von Stahlrohren gelang es bis zum späten Samstag nachmittag die Margarinebrühe so zusammenzutreiben, daß bis auf einen geringen Rest rund 220 Kubikmeter Fett-Wasser-Gemisch in Saugwagen abgepumpt werden konnten.

Man habe aus mehreren Gründen »großes Glück« gehabt, hieß es am Samstag erleichtert vor Ort. Hätten vor dem Regenwassereinlauf nicht zwei zum Abwracken bestimmte Schutenkähne geankert, wäre das Pflanzenfett womöglich vollständig auf den See getrieben. Das größere Regenschauer ausblieben und der Wind vorwiegend Landeinwärts wehte, verhinderte nach der Überzeugung der Fachleute von Feuerwehr und Wasserwirtschaft ebenfalls größere Umweltschäden. Zwar zersetzt sich auf dem Waser schwimmendes Fett nach einiger Zeit, doch könnten Oberflächengewässer durch die große Sauerstoffzehrung »umkippen«, hieß es. Thomas Knauf