Keine Hand wäscht die andere

■ Bettina Woernles Fernsehspiel „Liebe und Maloche“, 19.35 Uhr, ZDF

Mit einem problemlastigen Fernsehfilm, dessen Ästhetik für gewöhnlich so ernüchternd ist wie der Blick in einen Glascontainer, läßt sich normalerweise niemand mehr vor die Röhre bewegen (es sei denn, man hilft mit der Sendezeit etwas nach). Ein Fernsehfilm verhält sich zum Kinofilm wie der Kater zum Suff. Dennoch. Manchmal kann man aus der Not eine Tugend machen und aus der relativen Benachteiligung (z. B. Schnürsenkelbudget) durchaus einen Gewinn ziehen. Hängt auch vom Thema ab.

Das Problem des Subunternehmertums ist eine von vielen Entgleisungen unserer ach so sozialen Marktwirtschaft. Mafiosiartige Monopolbildung am oberen — und soziale Verelendung der ausgebeuteten Subunternehmer am unteren Ende sind die Folge dieser neofeudalen Struktur. Im Rahmen der Berliner Drehbuchwerkstatt schrieb Ute Bönnen ein beispielhaftes Drehbuch über dieses relativ unbekannte Problem, aus dem Regisseurin Bettina Woernle einen wirklich akzeptabelen Film zu machen verstand.

Paul (Martin Lüttge), ein fünfzigjähriger Schlosser mit Schmerbauch, kariertem Hemd und fettigen Haaren, hat sich sein Lebtag abgerackert. Mit seinem mäßigen Einkomen als Vorarbeiter kann er keine großen Sprünge machen. Dafür schmeckt das Bier, das er nach der Arbeit mit seinem Kumpel Hännes (Tilo Prückner) trinkt etc. Eine beschränkte, aber intakte Welt.

Natürlich gibt es Träume. Mit Astrid (Hildegard Kuhlenberg), der Ehefrau eines Bekannten, träumt Paul von dieser Eigentumswohnung mit einer Schrankwand, so groß wie die chinesische Mauer. Als Kampinske (Jürgen Heinrich), ein zwielichtiger Auftragsdealer, Paul das Kommando über eine Kolonne illegal ausgebeuteter Fremdarbeiter verschafft, rückt die Erfüllung des Traums näher. Doch Kampinske geht pleite, und Paul, der keine juristische Handhabe besitzt, sieht keinen Pfennig. Dumm schaut er aus der Wäsche, als er bei Kampinske zu Hause dessen Schrankwand sieht, die so groß ist wie die (umgebaute) Berliner Mauer. Schulden hat Paul obendrein, weil er natürlich seinen alten Job aufgeben mußte. Es geht also bergab.

Als Astrid ihn mit ihrem Ersparten durchbringen will, rastet Paul vollkommen aus und nimmt zusammen mit Hännes einen weiteren Job bei Kampinske an. Es geht um Baumaschinen, die aus der Konkursmasse beiseite geschafft werden sollen. Doch Hännes verbockt die Sache. Als er hinterher bei der Schnapsflasche wieder Innen und Außen verwechselt, ersäuft er in der Badewanne.

Kieslowski-Kameramann Slawomir Idziak hat den Film vorwiegend mit der Handkamera abgedreht. So kommen die Schwankungen während des nicht seltenen Alkoholkonsums ebenso rüber wie dieser bizarre Fototapeten- und Kellerbar-Realismus. Trotz genauer Milieustudien und geduldig erzählter Geschichte, die den Akteuren viel Raum zumißt und nicht so offensichtlich auf Knalleffekte zusteuert, gerät der Film weder zum bleischweren Sozialdrama noch zum Rührstück. Manfred Riepe