Windstille auf großer Fahrt

■ “Kreuzfahrer“, Oratorium des Niels Wilhelm Gade, in der Waldorfschule

Niels Wilhelm Gade ist einer jener heute vergessenen Komponisten, derer man sich von Zeit zu Zeit erinnert, wenn ihre Geburts- oder Todestage „nullen“. Gade war Zeitgenosse Brahms' und Schumanns, wurde bekannt als Mendelssohns Nachfolger als Leipziger Gewandhauskapellmeister.

Der erste Komponist Dänemarks starb 1890 in Kopenhagen. Eins seiner zu Lebzeiten beliebten Werke grub jetzt das Bremer „Collegium Musicum“ aus und stellte es am Sonntag in der Bremer Waldorf-Schule vor (Leitung:Lothar Stöbel).

Die „dramatische Dichtung“ Kreuzfahrer (op.50) ist eine Vertonung des historischen „Rinaldo“-Stoffes nach einem wüsten Epos des dänischen Nationaldichters Carl Andersen, welches angefüllt ist mit alttestamentarischer Ideologie. Abgewinnen könnte man ihm allenfalls die Erinnerung daran, daß nicht nur im Namen des Islam zum „heiligen Krieg“ aufgerufen wird. Auch Christen morden und metzeln für ihren Gott.

Nach einer Konzertreise durch Dänemark konzertierte das „Collegium Musicum“ am vergangenen Sonntag in der Bremer Waldorfschule. Gades Musik fand ich streckenweise langweilig, manchmal genial (Anfang des 2. Teils). Insgesamt fehlt ihr eine dramatische Gesamtkonzeption. Die schwülstige deutsche Übersetzung war außerdem kaum zu ertragen. Zwar sang der Chor sauber und verständlich, musizierte das Orchester routiniert, manchmal couragiert. Und die Solopartien waren mit Angelika Schulz, Jürgen Krone und Albrecht Pöhl sogar sehr gut besetzt. Ein homogener Gesamtklang wollte sich jedoch nicht einstellen.

Dies lag sicher nicht am Raum — eher an Intonationsschwierigkeiten (3.Teil!), einer aus Spargründen reduzierten Orchesterbesetzung und einer räumlich und akustisch ganzunangemessenen Aufstellung der Instrumentengruppen . Eine Aufführung, die, wie das Werk auch, einen sehr zwiespältigen Eindruck hinterläßt. Gunnar Cohrs