Hamburg und Kiel auf dem Weg zum Nordstaat

■ Landesregierungen verabreden Kooperation

Die Vorform eines kleinen Nordstaates, eine lose Konföderation aus Hamburg und Schleswig- Holstein, bekommt erste Konturen. Das Kabinett Engholm und der Hamburger Voscherau-Senat beschlossen in ihrer zweiten gemeinsamen Sitzung in Kiel die Schaffung einer Vertragsgemeinschaft der beiden Länder und eines Regionalverbandes im Großraum Hamburg.

Darüber hinaus einigten sie sich auf Zusammenarbeit der Datenverarbeitungszentralen. Vorerst sind gemeinsame Aktivitäten mit dem Schwerpunkt betrieblicher Anwendungen vorgesehen. Die gemeinsame Hochschulplanung sieht eine Abstimmung über die Einrichtung neuer Studiengänge, gemeinsame Lehrerbedarfsprognosen und eine gemeinsame EDV-gestützte Forschungsdatei der Universität Kiel, der medizinischen Universität Lübeck, der Uni Hamburg und der TU Harburg vor. Ein Koordinierungsausschuß „Verkehr“ soll einzelne Infrastrukturmaßnahmen zwischen Hamburg und Schleswig- Holstein abstimmen sowie ein norddeutsches Luftverkehrskonzept in Angriff nehmen.

Außerdem wollen Hamburg und Schleswig Holstein in der Abfallwirtschaft zusammenarbeiten. Um Hamburg den Ausstieg aus Schönberg zu ermöglichen, wird Schleswig-Holstein der Hansestadt ab 1995 pro Jahr 360.000 Tonnen Siedlungsabfälle einschließlich Klärschlamm abnehmen. Bezogen auf 1990, wo die Verbrennung von 135.000 Tonnen in der MVA Stapelfeldt geplant ist, wird sich der Mülltransfer von Hamburg nach Schleswig-Holstein um 145.000 Jahrestonnen erhöhen, die schrittweise nicht verheizt, sondern getrennt gesammelt, gelagert und recycled werden sollen. Im Gegenzug verbrennt die Hansestadt dann jährlich 18.000 Tonnen Sondermüll aus dem Norden in der AVG Borsigstraße. Schlacke und Filterstäube wiederum übernimmt Kiel — jährlich 45.000 Tonnen. Jürgen Oetting/Peter Hermes