25 Bundesbahnarbeiter asbestgeschädigt

■ Asbeststaub beim Ausbesserungswerk Sebaldsbrück aufgewirbelt / Belegschaft gefährdet

25 von 100 Arbeitern des Bundesbahnausbesserungswerkes Sebaldsbrück sind beim Lungen- „TüV“ durchgefallen. Befund: Verdacht auf eine beginnende Asbestose, so die Lungenspezialklinik in Unterstedt bei Rotenburg.

Im Ausbesserungswerk werden Dieselloks der Bundesbahn gewartet und repariert. Heizkessel, Abgasleitungen und andere Maschinenteile wurden in der Vergangenheit kräftig mit Asbest isoliert. Beim Zerlegen der Loks wird Asbeststaub frei, der bis vor kurzem mangels Schutzmaßnahmen völlig ungehindert in die Atemwege der Arbeiter gelangte. Erst seit sich in den Medien die Alarmmeldungen über Gesundheitsgefährdungen durch Asbestfasern häuften, läßt die Bundesbahn knapp die Hälfte ihrer rund 1000 MitarbeiterInnen im Ausbesserungswerk über die üblichen Routinetests hinaus gesundheitlich überwachen.

Ein Viertel asbestoseverdächtig

440 Arbeiter sind in sogenannten Gefahrenbereichen beschäftigt. 100 Beschäftigte „von besonders exponierten Arbeitsplätzen“ hat Oberbahnarzt Norbert Wenning vorerst nach Unterstedt geschickt, die anderen 340 sollen folgen.

Ein Viertel der ersten hundert Untersuchten wurde als asbestoseverdächtig eingestuft. Nun bemühen sich Betriebsleitung, Personalrat und Oberamtsarzt einträchtig, keine Panik aufkommen zu lassen. „Ich habe den Betroffenen erklärt, daß der Befund keinen Einfluß auf ihre Lebenserwartung, möglicherweise aber auf ihre Lebensqualität hat“, so der Oberbahnarzt. Bei erhöhter Aufnahme von Asbestfasern in der Lunge stellt Wenning Kurzatmigkeit in Aussicht. Existentiell gefährdet seien allerdings vor allem Raucher, da Asbestbelastung in Verbindung mit Nikotin zu Lungenkrebs führen könne.

Betriebsleiter Hans Pannke bestätigt, daß bisher weder Schutzanzüge noch andere Vorsichtsmaßnahmen bei Arbeiten mit dem gefährlichen Isoliermaterial üblich waren. Doch das soll jetzt alles anders werden. Auf einer Personalversammlung im Juni wurde gefordert, in allen suspekten Räumen Messungen durchzuführen. Dabei wurden in der Umgebung einiger Arbeitsstätten Werte von mehreren tausend Asbestfasern pro Kubikmeter gemessen. „Das liegt zwar noch weit unter den zulässigen 250.000 Fasern für Arbeitsplätze, die Bundesbahn orientiert sich aber an dem Grenzwert von 1000 Fasern für öffentliche Gebäude“, so Pannke. Künftig soll möglichst schon die Entstehung von Asbeststaub vermieden werden. Asbestisolierte Kessel sollen nur noch unter Wasser demontiert, andere Lokteile vor Beginn der Arbeiten mit einem Asbestbindemittel besprüht werden. Ob da nicht wieder neue Gesundheitsgefährdung durch Lösemittel lauert, vermochte Pannke noch nicht zu sagen: „Das wird ja dann auf der Anwendungsbeschreibung stehen“, hofft er.

Peter Nowack vom Personalratsvorstand und der stellvertretende Vorsitzende Jürgen Bruns sind mit den Maßnahmen der Betriebsleitung vollkommen einverstanden. „Die Personalversammlung hat uns beauftragt, in sechs Monaten Bericht über Schutzmaßnahmen zu erstatten, aber unser Fazit ist jetzt schon positiv. Wir sprechen da mit der Betriebsleitung eine Sprache“, versichert Nowack. Zumindestens ein Mitarbeiter beurteilt die Lage weniger harmlos. Er erklärte gegenüber der taz, die Ergebnisse von Röntgenreihenuntersuchungen seien in der Vergangenheit verharmlost und die Zahl der Betroffenen sei heruntergespielt worden. Er hält sogar einen Zusammenhang zwischen Todesfällen ausgeschiedener Werksarbeiter und der Asbestbelastung für möglich, was Wenning allerdings zurückweist. asp