Arbeitsverträge bleiben gültig

■ Polikliniken: Ärztekammer weist auf Kündigungsschutz für Mitarbeiter hin und warnt vor unseriösen Geschäftemachern/ Höhe der Patientenpauschale für Ärzte soll schnellstens ausgehandelt werden

Berlin. Die Berliner Ärztekammer sah sich jetzt genötigt, alle Ärzte im Ostteil der Stadt vor unseriösen Geschäftemachern und ungerechtfertigten Kündigungen zu warnen. In vielen Polikliniken, so Ärztekammerpräsident Ellis Huber gegenüber der taz, sei die Arbeitsatmosphäre mit Vorwürfen und Verdächtigungen vergiftet, »keiner traut dem anderen«. Gerüchte lägen in der Luft, wonach mit Arbeitslosigkeit rechnen müsse, wer bis zum 1. Januar noch keine andere Stelle gefunden habe. So manch ein Chefarzt drohe seinen untergebenen Ärzten mit Kündigung, wenn sie sich nicht schnellstens in einer eigenen Praxis niederlassen. Das Klima sei in vielen Einrichtungen entweder aggressiv oder resignativ. Wie in anderen Institutionen der ehemaligen DDR würden alte Parteiseilschaften genutzt, um so auf eine sichere Stelle zu klettern.

Die Ärztekammer wies darauf hin, daß alle vorhandenen Arbeitsverträge gültig bleiben. Rechtsnachfolger für die bisherigen Träger der Polikliniken und somit Arbeitgeber sei in der Regel das Land Berlin — was für die Ärzte Kündigungsschutz bedeute. Durch den Staatsvertrag sei die weitere Existenz der Polikliniken eindeutig festgeschrieben, ab dem 1.1.1991 werden die Krankenkassen zur Finanzierung herangezogen. Dabei würden die Ärzte in den Polikliniken und Ambulatorien über eine Fallpauschale bezahlt, eine Pauschale pro Patient, die den Fall-Werten der niedergelassenen Ärzte entspräche. Gerechterweise — da ein Patient im Durchschnitt zwei Ärzte im Quartal konsultiere — müßten die Poliklinikärzte pro Fall doppelt soviel wie niedergelassene Mediziner, mindestens aber 60 DM erhalten. Die bundesweiten Rahmenvereinbarungen würden in der nächsten Woche veröffentlicht, bis Ende des Jahres solle dann zusammen mit den Krankenkassen eine »Berliner Lösung« vereinbart werden.

Die Ärztekammer warnt gleichzeitig vor Firmen, die mit fertigen Verträgen, Garantiegehältern oder sicheren Finanzierungskonzepten locken. Im Laufe des nächsten Jahres will sie zusammen mit dem Senat, den Krankenkassen und der Kassenärztlichen Vereinigung für jede einzelne Einrichtung mit den Betroffenen ein Konzept erarbeiten, das die zukünftige Trägerschaft und Finanzierung regelt. Im übrigen sollten sich die Ärzte um eine »Verbesserung ihrer patientenfreundlichen Arbeit« bemühen. In vielen Polikliniken, so Huber, sei »ein abweisender Stil zu spüren«. Ärztliche Leistung bemesse sich aber auch an »zufriedenen Patienten und nicht nur an perfekt bezifferten Abrechnungsnummern«. Ärztliche Institutionen wie der Hartmann-Bund ließen teilweise den Eindruck entstehen, als gäbe es »nur in freien Niederlassungen gute Medizin« und als sei alles andere »Stalinismus«. Jeder müsse für sich entscheiden, in welcher Form und wo er praktiziert. Bei 6.260 Ärzten im Ostteil der Stadt gegenüber 9.890 im Westen und der geringeren Arztdichte im Umland seien alle Arbeitsplätze gesichert, auch wenn es vermutlich in den nächsten Jahren zu Umstrukturierungen oder auch mal zum Arbeitsplatzwechsel käme. maz