Importeure freuen sich: US-Dollar unter 1,50 DM

■ In Frankfurt landete die US-Devise am Montag bei 1,4923 DM

Berlin (taz) — Jetzt bringt ihn nur noch der Golfkrieg über die magische Schranke: Nachdem der Dollar in den letzten Wochen so langsam wie stetig auf die 1,50 DM zugerutscht war, landete er am Montag in Frankfurt bei 1,4923 DM. In New York war er schon am Freitagabend mit 1,4945 DM aus dem Handel gegangen. Weder die Bundesbank in Frankfurt noch die Fed in New York hatten zur Kurspflege eingegriffen.

Grundlegende Ursache für den neuerlichen Verfall ist die heraufziehende Rezession in den USA. Am Freitag hatte das Handelsministerium einen Sammelindex aus elf Wirtschaftsdaten für den Monat Oktober veröffentlicht, der anzeigen soll, wie die Konjunktur in sechs bis neue Montane aussehen wird. Die Beamten meldeten ein Minus von 0,8 Prozent gegenüber dem Vormonat, nachdem er schon im September um 1,2 Prozent gefallen war. Um das Wirtschaftswachstum anzukurbeln, wird mit einer baldigen Zinssenkung gerechnet. Das wiederum macht Dollar-Anlagen in den USA weniger interessant, der Kurs der US-Devise verfällt. Umgekehrt haben die Aktienkurse angezogen, weil niedrigere Zinsen auch die Kreditkosten senkt.

Den US-Wirtschaftspolitikern paßt die Entwicklung gut in den Kram: In den USA hat sie zur Folge, daß Importe aus dem Nicht-Dollar- Raum, vor allem aus Japan, teurer werden, während die Exporte der ansonsten wenig konkurrenzfähigen Industrie billiger werden und damit auf den Weltmärkten bessere Chancen haben. Da sich Kursveränderungen allerdings nur mit deutlicher Verzögerung in den Warenströmen niederschlagen, ist mit einer deutlichen Senkung des riesigen US-Handelsbilanzdefizits einstweilen nicht zu rechnen.

Eine eigentliche Rezession in den USA ist bisher — mehr oder weniger zufällig — dadurch vermieden worden, daß in den letzten Jahren wichtige Sektoren der Wirtschaft (Immobilien, Banken, Autos) zeitversetzt in die Krise geraten sind. Jetzt soll die US-Exportindustrie als Wachstumsmotor herhalten, auch wenn zumindest die Geldhändler das nicht recht glauben mögen — gerüchteweise war auf dem Börsenparkett gestern schon von künftigen Dollar-Kursen um 1,47 DM die Rede.

In der Bundesrepublik herrscht ebenfalls kein sonderlicher Grund zur Besorgnis. Vom schwachen Greenback sind — außer den hier stationierten US-Soldaten, die ihren Sold in der heimischen Währung ausgezahlt bekommen — in ersten Linie die Exporteure in den Dollar-Raum betroffen, die dort künftig schwierigere Verkaufsbedingungen haben. Daß damit endlich der riesige bundesdeutsche Außenhandelsüberschuß abschmilzt, ist dabei eher von Vorteil.

Grund zum Jubeln haben allerdings die Importfirmen, die ihre Waren so billig beziehen wie nie zuvor. Zuletzt haben allerdings die Mineralölkonzerne bewiesen, daß sie die Preissenkungen wesentlich weniger gerne weitergeben als Preissteigerungen. Unabhängig davon, die Bonner Wirtschaftspolitiker werden es gerne sehen, gilt die starke DM derzeit als inflationsdämpfend.

Unmittelbar benachteiligt sind alle Länder, die ihre Rohstofflieferungen in Dollar abrechnen, ihre Importe aber zumeist aus Nicht-Dollar- Ländern beziehen — und das ist mit dem Vorpreschen der EG-Länder und Japans in die interessantesten Regionen der Dritten Welt ein großer Teil. An ihrer Lage dürfte auch ein Sinken des Zinsniveaus nicht sonderlich viel ändern. Dietmar Bartz