Nawaz Sharif, ein pakistanischer Selfmademan

■ Der neue Regierungschef in Islamabad, ein Protegé der Militärs, weiß sein Geld in politische Macht umzumünzen PORTRAIT

Berlin (taz ) — Mit Nawaz Sharif hat Pakistans Regierung der Islamischen Demokratischen Allianz (IJI) einen Mann zum Premierminister gemacht, der dies um jeden Preis wollte. Spätestens seit Nawaz Sharif nach den parteilosen Wahlen des Jahres 1985 von Pakistans Generalität zum Ministerpräsidenten des Punjab ernannt wurde, machte der heute 41jährige Industrielle keinen Hehl aus seinen Ambitionen. Es war seinerzeit der Governeur des Punjab, General Jilani, der auf den ambitionierten Unternehmer und bis dahin Finanzier der Oppositionspartei, die Therik-i-Istiqlal, aufmerksam wurde und ihn auf seine Seite brachte.

Wie General Zia-ul-Haq ist auch Selfmademan Sharif kein Sohn des eingesessenen pakistanischen Landadels, der noch immer das politische Geschehen in dem islamischen Staat bestimmt. Doch für den Besitzer des Ittefaq-Empires und einer der größten Textilfabriken Asiens hat sich das politishe Engagement durchaus ausgezahlt. Seine politische Laufbahn verlief indes nicht ganz so steil. Um ein Haar hätte Sharif schon die Führung der bevölkerungsreichsten und fruchtbarsten der vier pakistanischen Provinzen durch ein Mißtrauensvotum verloren, hätte sich General Zia nicht in letzter Minute für seinen Protegé stark gemacht. Als der wenig später abgestürzte Diktator 1988 die Nationalversammlung und die vier Provinzparlamente aufgelöst hatte, war es allein Sharif vergönnt, weiterhin in Amt und Würden zu bleiben. Wenn es noch eines Nachweises bedurfte, war damit endgültig klar, daß der Kopf des Ittefaq-Unternehmens ganz der Mann der Militärs war.

Dennoch mußte Sharif 1988 eine Niederlage gegen die Bhutto-Frauen hinnehmen, trotz aller Beteuerungen, daß deren Geschlecht an der Spitze eines islamischen Staates ein Sakrileg sei. So dankte der Vorsitzende der Moslem League, der sich gerne in die Tradition der pakistanischen Gründerväter stellt und gleichzeitig mit den orthodoxen Mullahs arrangiert, für seinen unerklärlich hohen Wahlsieg auch Allah auf Knien.

Unter General Zia, den er auch gern seinen Vater nennt, profitierte er von dessen Privatisierungspolitik, kaufte — durch die sozialistische Ökonomie Zulfikar Ali Bhuttos — marode gewordene Staatsbetriebe auf, um sich daran gesundzustoßen. Schon 1988 zählte sein Imperium zu den größten Firmengruppen des Landes, mit Investitionen im Stahl-, Zucker-, Textil und Vermögensgeschäft. Zum gigantischen Wachstum dürften nicht immer koschere Geschäfte, wie der rückdatierte Zuckerraffinerie-Deal beigetragen haben, über die Nawaz Sharif im Zuge der jüngsten Antikorruptionskampagne allerdings keine Rechenschaft ablegen mußte. Seine Provinz war von den Nachforschungen ausgenommen.

Im August beschwerte sich Sharif in Islamabad allerdings gegenüber Journalisten, daß sein Unternehmen unter der Bhutto-Tochter Einbußen in Höhe von zwei Milliarden Rupies hinnehmen mußte. Aber wer hat schon Mitleid mit jemandem, der gerade zwei Milliarden Rupies verloren hat. Laut Meinungsumfragen des pakistanischen Magazins 'Newsline‘ hielten denn auch 59 Prozent aller Pakistaner Nawaz Sharif für korrupt und damit doppelt soviele wie jene, die dies von Benazir Bhutto dachten. Nicht anders als die Finanzpolitik seiner Amtsvorgängerin Bhutto und das geschäftsmännische Gebaren ihres Gatten Asif Zadari setzt Nawaz vorbehaltlos auf ein Programm der Unternehmensförderung und der Steuervorteile.

Mit geradezu unternehmerischem Talent hat Nawaz Sharif nur wenige Tage vor Entlassung seiner stärksten Konkurrentin Benazir Bhutto seine Mannschaft im Punjab handverlesen. Mit einem bis dato nicht gesehenen Regelverstoß transferierte die Regierung des Punjab Gelder zur ländlichen Entwicklung in Höhe von 230 Millionen Rupies zur Entwicklung Lahores; davon allein 50 Millionen Rupies in den Wahlkreis Nawaz Sharifs. Hinzu kamen fünf Millionen Rupies aus der Gemeindekasse Lahores. Und weil Nawaz Sharif dafür bekannt ist, daß er nichts dem Zufall überläßt, hat er auch noch 22 Fahrzeuge mit Bildschirmen ins Rennen geschickt, die ihn als Politiker und Person zum Wähler bringen sollten. sl