Halbherzige Reform bei der KPC

Die tschechoslowakischen Kommunisten föderalisieren sich und liebäugeln mit den Sozialisten  ■ Aus Prag Sabine Herre

Im Gegensatz zu der Mehrzahl der kommunistischen Parteien des ehemaligen „Ostblocks“ wird sich die KP der CSFR nicht mit einem neuen Namen schmücken. Diese Entscheidung trafen letztes Wochenende die 833 Delegierten des 18. Parteitages der KPČS. Beschlossen wurde außerdem ein neues Parteistatut. An die Stelle des ZKs tritt ein vierundzwanzigköpfiger Föderalrat. Genau die eine Hälfte seiner Mitglieder wird aus der Slowakei, die andere aus Böhmen und Mähren kommen. Den Vorsitz übernimmt Miroslav Grebeniček.

Ihm unterlag der bisherige erste Sekretär Vasil Mohorita, der nach Ansicht vieler Parteimitglieder durch sein aggressives Auftreten in den letzten Wochen der KP großen Schaden zugefügt hat. Auf der abschließenden Pressekonferenz sah Pavol Kanis die Föderalisierung der Partei — in der es seit ihrer Gründung 1921 keine eigene Organisation für die tschechische Republik gegeben hatte — als den größten Erfolg des Parteitags an. Wiederholt betonte er, daß die KPČS in Zukunft mit allen linken Gruppierungen eng zusammenarbeiten wolle. Besonders mit den Sozialdemokraten, denen die Kommunisten 10 Millionen Kronen ihres Parteibesitzes abtreten möchten. Kanis zeigte jedoch auch Verständnis dafür, daß diese auf die Angebote zu einer Zusammenarbeit bisher zurückhaltend reagierten: „Schließlich haben die Kommunisten diese Partei nach 1945 zweimal zerschlagen.“

Der Aufarbeitung der Vergangenheit widmete sich am Samstag abend eine von vier Arbeitsgruppen. Obwohl ein Großteil der Delegierten für eine vorbehaltslose Aufklärung der Ereignisse vor und nach dem 17. November 1989 eintrat, wurden vereinzelt Stimmen laut, die das neostalinistische System verteidigen. Selbst der Vorsitzende der KP Böhmen und Mähren, Jiři Svoboda, wies darauf hin, daß angesichts der hohen Zahl der Wochenendhäuser die wirtschaftliche Entwicklung der letzten zwanzig Jahre wohl nicht uneingeschränkt negativ beurteilt werden könne. Meinungsunterschiede wurden besonders bei der lautstark geführten Diskussion um die Parteizeitung Rudě Pravo deutlich. Während die Anhänger der „Demokratischen Plattform“ und die „Gruppe der sozialistisch orientierten Delegierten“ das Zentralorgan allen Linken öffnen wollen, bestanden die konservative Parteigruppen darauf, daß es in erster Linie der Veröffentlichung der Standpunkte der Partei dienen solle. Daß in dieser Frage keine eindeutige Entscheidung gefällt wurde, war bezeichnend für den ganzen Parteitag. Da weder die eine noch die andere Seite die Mehrheit der Delegierten hinter sich vereinigen konnte, wählte man den konturlosen Mittelweg.