Untersuchungshaft ohne Ende

■ Gericht will Wiesbadener Kokain-Akten doch / Kolumbianer bleibt in Haft

Seit über 14 Monaten sitzt der Kolumbianer Marino T.-L. hinter Bremer Gittern — und dort wird er vorerst auch bleiben, obwohl sich der Prozeß gegen ihn immer weiter verschleppt. Gestern lehnte das Gericht den Antrag des Verteidigers ab, das Verfahren gegen Marino T.-L. vorläufig einzustellen und den Angeklagten aus der überlangen Untersuchungshaft zu entlassen.

„Zwar haben die Ermittlungsbehörden Aktenteile ohne triftige Gründe zunächst zurückgehalten“, kritisierten die Landrichter, jetzt stünden die Unterlagen jedoch bald zur Verfügung. „Die durch die Ermittlungsbehörden verursachte Verzögerung ist nicht so gewichtig, daß darin ein Verfahrenshindernis begründet ist“, beschied das Gericht und vereinbarte weitere Verhandlungstermine im Wochenrhythmus bis Weihnachten.

Der Prozeß gegen den Kolumbianer, der lediglich von einem Peruaner beschuldigt wird, Hintermann des Schmuggels von drei Kilo Kokain zu sein, mit denen der Peruaner im September im Bremer Freihafen erwischt worden war, geriet Ende Oktober ins Schlingern, als bekannt wurde, daß die drei Kilo nur Teil einer Sendung von insgesamt 350 Kilo Kokain waren, die bereits in Hamburg von Bord des Schiffes „Unisierra“ gingen. Doch diese auch für das Bremer Verfahren wesentliche Information hatten die Beamten der Bremer Zollfahndung dem Gericht in mehreren Zeugenbefragungen nicht mitgeteilt, obwohl sie ihnen seit September 1989 bekannt war.

„Die Zollfahndung spielt Schicksal mit meinem Mandanten“, hatte sich Marino T.-L.s Anwalt daraufhin beim Gericht beklagt und gleichzeitig beantragt, die Akten des Wiesbadener Prozesses um den Schmuggel der 350-Kilo Kokain beizuziehen. Zumindest diesem Antrag folgte das Gericht gestern. Demnächst kann es also sieben Aktenordner mit Ermittlungsunterlagen des Falles durcharbeiten. Ein achter Ordner wird von der Wiesbadener Staatsanwaltschaft noch nicht herausgegeben.

„Ob eine Tatveränderung in Betracht kommen kann, wird sich erst beantworten lassen, wenn diese Akten vorliegen“, vertröstete das Gericht den Angeklagten gestern. Den Kolumbianer hat inzwischen die über einjährige Untersuchungshaft ohne konkrete Vorwürfe mürbe gemacht. „Wenn ich weine, so ist das nicht wegen des physischen Schmerzes, sondern wegen des Schmerzes, zu fühlen, daß ich fertig bin, am Ende. Dieser Mißbrauch dauert zu lange und die Gefühle sind zu Ende und die Menschenrechte auch“, schrieb Marino T.-L. jetzt ans Gericht und bat, dessen endlosen Sitzungen nicht länger zuhören zu müssen. Ase