Maradona futsch, Kaiser in Gefahr

■ Europas Fußballgrößen beim heutigen Europacupspieltag im Blickpunkt

Berlin (taz) — Helle Aufregung herrschte am Montag in Neapel: Diego Armando Maradona war nicht zum Abflug nach Moskau erschienen. In der Meisterschaft sind die Neapolitaner miserabel gestartet, und die Hoffnungen ruhen auf dem Cup der Landesmeister. Doch das heimische 0:0 gegen Spartak Moskau ließ vor zwei Wochen das große Zittern am Fuße des Vesuv ausbrechen. Ein denkbar ungünstiger Moment also für den argentinischen Goldfuß, eine seiner von Fans und Verein gleichermaßen gefürchteten Eskapaden zu starten.

Als die Nachricht von Diegos Abstinenz das reisefertige Team erreichte, brach sofort eine Delegation, bestehend aus Generalmanager Luciano Moggi und den drei engsten Freunden Maradonas im Team — Crippa, de Napoli und Ferrara — zur Villa des Ballzauberers auf, doch der wollte sie weder sehen noch anhören. Statt dessen erschienen sein Manager Franchi und Vereinsarzt Signorini. „Sie haben gesagt“, berichtete Moggi, „daß er nicht kommt. Mehr nicht.“

Keiner wollte allerdings so recht glauben, daß Maradona tatsächlich nicht in Moskau aufkreuzen würde. Dazu spielt er viel zu gerne Fußball. Trotz seiner spektakulären kleinen Fluchten hat der 30jährige in sieben Spielzeiten bei Neapel erst 20 Ligaspiele und kaum ein Europacupmatch verpaßt.

Viel eher wurde vermutet, daß der Argentinier, der die Gruppenausflüge mit dem Team verabscheut, den Flug per Privatjet vorziehen würde. Doch da will Moggi nicht mitmachen: „Wer nicht mit der Mannschaft fliegt, spielt nicht.“ Der Generalmanager plädiert seit jeher für eine harte Linie: „Maradona muß in seinen Kopf hineinbekommen, daß er von Napoli abhängig ist, nicht umgekehrt.“ Hier allerdings irrt Signore Moggi. Und so scheint wahrscheinlich, was der Repräsentant eines Fanclubs, der mit Maradona geredet haben will, die Medien wissen ließ: „Er hat mir garantiert, daß er in Moskau spielen wird.“

Andere Probleme haben die Mailänder Clubs. „Den Jungs geht es gut, aber die Belgier sind schrecklich“, fürchtet sich AC Milan-Boß Silvio Berlusconi. Sein Team kann jedoch in Bestbesetzung — bis auf Donadoni — versuchen, in Brügge das Hinspiel-0:0 auszubügeln.

Ein leichtes Knistern ist in der Mannschaft von Inter Mailand zu spüren. Vor dem Heimspiel gegen Aston Villa (Hinspiel: 0:2) sind einige Spieler mächtig sauer auf Lothar Matthäus, der nach der verlorenen Partie bei Juventus Turin in gewohnter Breitschnäuzigkeit gewettert hatte: „Dies ist eine Mannschaft ohne Charakter, und wenn wir so spielen, gewinnen wir nichts.“ Vor dem brisanten Match gegen die Engländer versucht Matthäus-Antipode Riccardo Ferri allerdings eher, die Wogen zu glätten: „Das sind bloß Unstimmigkeiten, wie sie auch bei Leuten, die in einem Büro oder einer Fabrik arbeiten, vorkommen.“

Ums Ganze geht es scheinbar schon für Franz Beckenbauer. Nachdem das vor des Kaisers Amtsübernahme ungeschlagene Olympique Marseille inzwischen bereits die dritte Saison-Niederlage (0:2 in Nancy) kassiert hat, kann das Spiel gegen Lech Poznan (Hinspiel: 2:3) für Beckenbauer bitter werden. Club-Präsident und Beckenbauer- Protegeur Bernard Tapie hat bereits furchterregende Folgen eines etwaigen Ausscheidens an die Wand gemalt: „Eine Niederlage gegen Poznan wird eine Revolution auslösen.“ Das Kaiserreich von Marseille würde dann möglicherweise nicht mal die hundert Tage Napoleons überdauern. Matti