Auch nächtliche Telefonate nach Paris nützten nichts

EG-Agrarminister tagten in Brüssel zum siebten Mal ohne neue Ergebnisse  ■ Aus Brüssel Michael Bullard

„Karl der Große würde sich im Grab umdrehen, wenn er diesen Eiertanz hier mitbekäme.“ Ein übernächtigter britischer Gatt-Unterhändler macht seinem Unmut in dem nach dem Urvater Europas benannten Sitz des fast allmächtigen EG-Ministerrats in Brüssel Luft. Bis tief in die Nacht hatten die EG-Agrarminister am Montag im Charlemagne-Gebäude getagt, zum siebten Mal in knapp fünf Wochen. Doch einem Kompromiß im Streit um den Vorschlag der EG-Kommission, die Agrarsubventionen im Zeitraum von zehn Jahren um 30 Prozent zu reduzieren, seien sie nur unwesentlich nähergekommen. Auch hoch über den lärmenden Einfallstraßen am Brüsseler Europa-Zentrum ist die Stimmung pessimistisch. Hier, im 14. Stock, tagten am Montag und Dienstag die Minister. Das neueste Gerücht: Die Verhandlungen werden auch am Mittwoch fortgesetzt werden müssen.

Für kurze Zeit hatte es zwar so ausgesehen, als ob die Marathonverhandlungen sich ihrem Ende zuneigten. Bundeswirtschaftsminister Haussmann hatte großspurig verkündet, es seien nur noch Einzelheiten zu klären. Auch Bundesagrarminister Kiechle behauptete, man könne mit dem Kompromißangebot der EG-Kommission leben. Doch selbst nach einem Telefonat mit dem französischen Präsidenten Mitterrand und intensiven Verhandlungen mit dem italienischen Ratspräsidenten Ruggiero blieb der französische Agrarminister Mermaz stur. Schützenhilfe hatte er von Bundeskanzler Kohl erhalten, der EG-Kommissionspräsident zu weiteren Zugeständnissen aufforderte.

Noch immer ist der Vorschlag von EG-Agrarkommissar Ray MacSharry, die Agrarsubventionen zwischen 1986 und 1996 um 30 Prozent zu kürzen, Grundlage für das EG- Verhandlungsangebot an die Gatt- Runde. Allerdings konnten Kiechle und Mermaz bislang der EG-Kommission drei Zugeständnisse abtrotzen: Gewisse Importbarrieren bleiben aufrechterhalten, für die von den Subventionskürzungen betroffenen Bauern werden Ausgleichszahlungen geplant, und die Beihilfen für benachteiligte Gebiete sollen durch die Gatt-Ergebnisse nicht verringert werden.

Diese „vorläufigen“ Ergebnisse konnte EG-Außenkommissar Frans Andriessen gestern der US-Handelsbeauftragten Carla Hills am Rande einer Sitzung des Gatt-Lenkungsausschusses in Genf übergeben. Dabei geht, selbst wenn sich die EG-Fachminister mit der Kommission geeinigt haben, die eigentliche Verhandlung erst los.