: Cairns-Gruppe stellt Ultimatum
Neuer Termin für EG-Vorschläge an das Gatt/ Koreanischer Bauer versuchte Selbstmord ■ Aus Genf Andreas Zumach
Wenn bis zum 15. November keine Fortschritte bei den Gatt-Agrarverhandlungen erzielt sind, will die „Cairns“-Gruppe ihre Verhandlungsposition überprüfen und möglicherweise die „Uruguay-Runde“ verlassen. Dieses Ultimatum haben die Handelsminister der 14 Agrarexportstaaten unter der Führung Australiens am Montag nachmittag in Genf gestellt. Wie die Cairns- Gruppe forderte gestern auch Carla Hills, die inzwischen in Genf eingetroffene Handelsbeauftragte der US- Regierung, die EG-Staaten auf, endlich einen Vorschlag zur Kürzung von internen Subventionen und von Exportbeihilfen sowie zur Beseitigung von Handelsbarrieren auf den Tisch zu legen.
Ab gestern nachmittag tagte in Genf erneut der Gatt-Lenkungsausschuß (TNC), in dem die Delegationsleiter der 107 Teilnehmerstaaten vertreten sind. Im Büro von Gatt-Generaldirektor Dunkel gab man sich gestern leicht optimistisch, daß die EG-Ministertagung in Brüssel (siehe Bericht oben) noch bis zum Abend einen Agrarvorschlag nach Genf übermitteln werde.
Nach Auskunft des australischen Handelsministers Neal Blewett erwägt die Cairns-Gruppe verschiedene Optionen für den Fall, das ihr Ultimatum keinen Erfolg hat. Dazu gehören das Verlassen der Uruguay- Verhandlungen, deren Verlängerung über Anfang Dezember hinaus oder aber eine Neuformulierung des Verhandlungszieles. Ein Gatt-Abkommen ohne eine Liberalisierung des Agrarhandels werde es nicht geben, erklärten die Cairns-Minister. Scheitere die Uruguay-Runde endgültig, würden die 14 Staaten ihrerseits eine Reihe protektionistischer Maßnahmen einführen.
Die Cairns-Minister und Hills machten deutlich, daß ein Vorschlag der EG zur Reduzierung der internen Agrarsubventionen von lediglich 30 Prozent bei weitem nicht ausreiche. Die EG müsse bereit sein, darüber „flexibel zu verhandeln“. Die USA wie die Cairns-Gruppe wollen eine Reduzierung von 75 Prozent.
Ein Bauer aus Südkorea beging am Montag nachmittag im Genfer Gatt-Gebäude einen Selbstmordversuch. Der 40 bis 50 Jahre alte Mann stieß sich ein Messer in den Bauch. Nach einer ersten Notversorgung wurde er in ein Krankenhaus eingeliefert. Über die Motive gibt es bislang nur Spekulationen. Wegen der bei den Gatt-Verhandlungen angestrebten deutlichen Kürzungen landwirtschaftlicher Subventionen ist es in zahlreichen Ländern innerhalb und außerhalb Europas — darunter in Südkorea — bereits zu Bauernprotesten gekommen.
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