Applaus der Alten nur für den Grünen

■ Diskussion um Pflegenotstand wurde zum Heimspiel für Ralf Fücks / Koschnick und Klein abgeblitzt

Lauten Applaus hatten über 200 Alte gestern nachmittag nur für den Grünen Ralf Fücks. Sie waren auf Einladung der Bremer Heimstiftung ins Haus Riensberg gekommen, um die Bundestagskandidaten aller vier Parteien zur Zukunft der Altenpflege zu befragen. Der Versuch des CDU-Kandidaten Günter Klein, seinen grünen Konkurrenten mit dem Vorwurf „sozialistischer Ideen“ auszukontern und den Anspruch „deutscher Sozialhilfeberechtigter“ gegen die Sozialhilfezahlung an „Wirtschaftsasylanten“ zu stellen, erntete dagegen nur Buh-Rufe bei den Alten. „Es ist ein schlimmes Spiel, die Not der Pflegebedürftigen gegen die Not von Flüchtlingen auszuspielen“, entgegnete Fücks und wurde wieder kräftig mit Applaus unterstützt.

85 Jahre ist das Durchschnittsalter in den Einrichtungen der Heimstiftung. Auch deshalb wollten sich die Alten von den Politikern nicht auf das Jahr 2000 vertrösten lassen. „Wir brauchen sofort eine Finanzierung der Pflege“, forderte einer der Heimbeiräte, „mit einer Erhöhung der Krankenkassenbeiträge um weniger als zwei Prozent ist das zu finanzieren.“ Doch davon wollten weder Hans Koschnick (SPD) noch Andreas Jordan (FDP) oder Günter Klein etwas wissen. Sie warben für das Projekt einer neuen „Pflegeversicherung“ — SPD und CDU unter öffentlich-rechtlicher und die FDP unter privater Trägerschaft —, nicht aber für eine „Grundsicherung“, wie sie die Grünen bereits 1984 vorgeschlagen hatten.

„Es ist sehr leicht und populär, Forderungen zu stellen. Aber was haben denn die Grünen gegen die erfolgreiche Wirtschaftspolitik unseres Kanzlers Kohl zu bieten? „ wollte CDU-Klein wissen, erntete bei den zornigen Alten aber wiederum nur Buhrufe. Für sie war das Wirtschaftswachstum besonders deutlich an der Steigerung der Pflegegebühren in den Altenheimen zu spüren — immer mehr von ihnen müssen deshalb beim Sozialamt einen entwürdigenden Antrag auf Unterstützung stellen.

Daran ändert auch Kleins Entgegnung nichts, die Bundesrepublik würde mit ihrer Sozialpolitik „im Ausland beneidet“. Klatschen dafür wieder für die Frage von Ralf Fücks, „warum die Absicherung der Pflege denn nicht schon längst geschehen ist, wenn die Parteien in Bonn sie alle wollen“. Und für die Warnung: „Häufig klingt es vor den Wahlen anders, als es nachher gemacht wird.“

Auch mit der Position von Hans Koschnick, der an die Zeit erinnerte, als er noch „ehrliche Arbeit“ als Abteilungsleiter im Bremer Sozialressort leistete, das Problem sei „nur auf Bundesebene zu lösen“, fand bei den Alten keinen Beifall. Diesen gab es dafür umso mehr, als Ralf Fücks daran erinnerte, daß die CDU-Vision der häuslichen Altenpflege immer weniger real ist: „Der Familienverband besteht doch in der Praxis nicht mehr“, sagte der Grüne und forderte: „Was wir brauchen, ist ein Grundeinkommen, sonst ist alles andere Heuchelei und bedeutet nur, daß die Frauen die ganze Arbeit weiter umsonst machen.“

Nur ein einziges Mal bekam Günter Klein an diesem Nachmittag Verständnis. Das war, als er ausrief: „Wir werden doch alle immer älter.“ Ase