: Die Spur im Urin
■ US-Leichtathletik-Weltrekordler Butch Reynolds und Randy Barnes des Dopings bezichtigt PRESS-SCHLAG
Großes Gezeter in der internationalen Leichtathletik-Szene: Die Nach-Ben-Johnson-Ära ist besudelt! Sauber sollte sie werden, die chemieverseuchte Leichtathletik, bartlose Frauen und langgliedrige Männer das dopinglose Zeitalter einläuten.
Doch eineinhalb Monate nachdem Sünder-Bens Sperre abgelaufen ist, sind wieder prominente Schmuddelkinder enttarnt: Nicht die ungewöhnliche Drehstoßtechnik von Kugelstoß-Weltrekordler Randy Barnes soll ihn zu Fabelweiten gezwirbelt haben, sondern ein Zaubertrank mit Methyltestosteron. Auch 400-m-Weltrekordler Butch Reynolds habe sich auf künstliche Art und Weise Beine gemacht.
Beide beteuern inbrünstig ihre Unschuld. Doch der Internationale Leichtathletik-Verband (IAAF) ist sicher: Barnes wurde am 7. August beim Sportfest in Malmö erwischt. Die Urin-Untersuchung im schwedischen Huddinge-Labor war positiv, ebenso die Gegenanalyse am 25. September. Eine dritte Untersuchung von der IAAF-Dopingkomission bestätigte das Ergebnis.
Betroffener Barnes hatte jedoch schon zuvor gemutmaßt, daß bei den Proben „etwas stinken würde“. Und pocht auf seinen Geruchssinn: „Es ist völlig unmöglich, daß das meine Urinprobe war. Ich habe bestimmt 30 Doping-Tests gehabt, alle negativ.“ Auch Reynolds gibt sich tief gekränkt. 12. August wurden in Monte Carlo Spuren des Steroids Nandrolon in Butchs Urin festgestellt. „Glauben Sie mir, die Ergebnisse sind medizinisch nicht haltbar. Meine Unschuld wird bewiesen werden.“
Bis dorthin jedoch hagelt es Häme und Spott. Dabei sollten Lästerer ihre Zunge im Zaum halten. Einige Wochen erst ist es her, daß die norwegische Speerwerferin Trine Solberg, im Sommer 1989 des Dopings überführt und heftig geschmäht, das Utrechter Labor des Pfuschens überführte. Die Schadensersatzforderungen sind derart hoch, daß das Institut dichtmachen mußte.
Auch bei Randy Barnes Dopingtest sei es, so Rechtsanwalt John M. Dowd, zu zwei Verstößen gekommen. Barnes Urinprobe sei nicht in dessen Anwesenheit versiegelt, die Kontrollnummern erst später befestigt worden. Vielleicht ist dies der Grund, warum der US- Verband (TAC) seit Wochen jegliche Aussagen verweigert und Entscheidungen verschleppt hat. Nun hat er beide Sportler für zwei Jahre gesperrt. Doch beide werden nochmals angehört. Bestätigt sich der Verdacht, ist es ihr Aus für die WM in Tokio und Olympia 1992 in Barcelona. Gab es jedoch Analysefehler, kann nicht nur das schwedische Labor, sondern das gesamte Anti- Doping-Establishment dicht machen. Dann findet sich sicher keiner mehr, der bei derart hohem Risiko im fremden Urin wühlt. miß
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