Schweiz beschließt Öko-Steuer auf CO2

■ Als Reaktion auf die Klima-Krise werden Benzin, Kohle und Öl verteuert/ „Durchbruch für ökologische Lenkung“

Berlin (taz) — Die Schweiz schreibt erneut Umweltgeschichte. Die Berner Bundesregierung hat angesichts der bedrohlichen Klima-Entwicklung die Einführung einer CO2-Abgabe auf alle fossilen Brenn- und Treibstoffe beschlossen. Bis spätestens Mitte nächsten Jahres — so der Grundsatzentscheid — soll ein Gesetzentwurf verabschiedet werden, der Benzin, Diesel, Heizöl, Kohle und Gas kräftig verteuert. In einem zweiten Schritt soll die Öko-Steuer auf Kohlendioxid zwischen 1995 und dem Jahr 2000 nochmals erhöht werden.

Die vergangene Woche gefaßten Beschlüsse der Schweizer Regierung seien — trotz der Verteuerungen, die sie für jeden einzelnen Verbraucher bedeuten — in der Öffentlichkeit als „mutiger Entscheid“ einhellig begrüßt worden, sagte gestern Arthur Mohr, der Chef des Direktionsstabes im Schweizer Bundesamt für Umwelt, der taz.

Die Schweiz ist damit nach Schweden und den Niederlanden das dritte Land in Europa, das eine CO2- Abgabe für den Klima-Schutz einführen will.

Im einzelnen sieht die vom Bundesamt für Umwelt, Wald und Landschaft und dem Bundesamt für Energiewirtschaft gemeinsam initiierte CO2-Abgabe folgende Preisaufschläge vor: Benzin soll um 15 Prozent (18 Rappen) teurer werden, Diesel um 18 Prozent (20 Rappen). Beim leichten Heizöl werden 23 Prozent draufgeschlagen (109 Franken/ Tonne), beim mittleren und schweren Heizöl 46 Prozent (110 Franken/ Tonne). Kohle wird je nach Qualität zwischen 42 und 105 Prozent teurer, im Durchschnitt um 89 Franken je Tonne. Der Aufschlag für Erdgas soll 20 Prozent ausmachen.

Trotz dieser Beschlüsse, die weit über die bundesdeutschen Anstrengungen hinausgehen, erwarten die Schweizer von diesen Maßnahmen nur eine Abbremsung des Anstiegs der CO2-Emissionen. In der Schweiz werden gegenwärtig im Jahr 44 Mio Tonnen des Treibhausgases in die Atmosphäre geblasen. Ohne die CO2-Abgabe wäre diese Zahl bis zum Jahr 2000 auf 49 Millionen Tonnen angestiegen. Nun, so hoffen Experten, werden die Emissionen auf 45,9 Mio Tonnen begrenzt werden können. Deshalb soll in einem zweiten Schritt Mitte der 90er Jahre die CO2-Abgabe nochmals erhöht werden. „Wir sind uns bewußt, daß dieser erste Schritt noch nicht ausreicht“, sagte Mohr zu den relativ geringen Einspar-Effekten. Doch man sieht die CO2-Abgabe als Initialzündung zur Eindämmung des Autoverkehrs an.

Mohr bezeichnete sie als einen „Durchbruch für ökologische Lenkungsinstrumente“. Das gesellschaftliche Umfeld für derartige Eingriffe werde immer besser. Mohr wies auf weitere flankierende Maßnahmen hin, um das ökologische Umsteuern zu forcieren. So werde derzeit diskutiert, in der Schweiz Höchstverbrauchsgrenzen für Autos einzuführen. Auch die Einführung von Tempo 30 werde derzeit in den Quartieren massiv vorangetrieben. Umwelt-Abonnements für die öffentlichen Verkehrssysteme gebe es jetzt in allen großen Städten der Schweiz.

Die Gefahr, daß nach der Verteuerung der Kohle die Atomenergie ein strahlendes Comeback feiern könnte, sieht Mohr nicht. Durch das per Volksentscheid in der Schweiz durchgesetzte Moratorium für AKWs sei dem erst mal ein Riegel vorgeschoben. Manfred Kriener