Klima: Sendepause bis Herbst 91

■ Bonner Kabinett beschließt Absichtserklärungen/ Töpfer unterliegt in wichtigen Punkten

Bonn (taz) — Die Bundesregierung hat gestern ihren Tendenzbeschluß zur Reduktion des Klima-Killers CO2 um 25 Prozent bis zum Jahr 2005 erneuert und eine Reihe von Maßnahmen beschlossen. Sie reichen von der Novellierung des Energiewirtschaftsgesetzes über eine Wärmenutzungsverordnung bis zur Einführung einer neuen Kfz-Steuer auf Schadstoff-Basis (bisher nach Hubraum). Sämtliche Maßnahmen wurden aber nur als Absichtserklärungen beschlossen. Zur Realisierung sind eine ganze Latte von neuen Gesetzen und Verordnungen notwendig, die bis zum „Herbst 91“ vorliegen sollen. Bis dahin passiert gar nichts. Auch der Streit zwischen Wirtschaftsminister Hausmann und Umweltminister Töpfer um wichtige Kompetenzen in der Klima-Politik ist keinesfalls beigelegt.

In wichtigen Einzelfragen hat sich allerdings schon jetzt Haussmann durchgesetzt. Von einer 30-prozentigen CO2-Einsparung bis 2005, wie sie Töpfer im Kabinett durchsetzen wollte, ist nicht mehr die Rede; es bleibt bei den schon im Juni als Zielvorgabe beschlossenen 25 Prozent. Eine weitere Niederlage mußte der Bonner Umweltmann in der Auseinandersetzung um das Energiewirtschaftsgesetz hinnehmen. Die entscheidende Novellierung dieses Gesetzes soll nun von Hausmann und nicht von Töpfer besorgt werden.

Das Kabinett bekannte sich in seinem Beschluß ausdrücklich zur Atomenergie: Ein „ehrgeiziges Einsparziel“ von 25 Prozent CO2 sei nur erreichbar, wenn die „Kernenergie- Strukturen erhalten“ bleiben.

Im Streit um die Einführung einer Hausmannschen Klimaschutzsteuer oder Töpferschen CO2-Abgabe will das Kabinett offenbar zweigleisig fahren und beide Optionen verfolgen. Hier ist die Entscheidung noch völlig offen. Nach Hausmanns Vorstellungen soll die Klima-Steuer EG- weit eingeführt werden und die Energie generell verteuern. Wettbewerbsnachteile der deutschen Unternehmen sollen dabei vermieden werden. Töpfer will dagegen mit einer CO2-Abgabe Benzin, Öl, Kohle und Gas in der BRD besteuern.

Der Ausbau der Fernwärme und eine bessere Nutzung der Wärme- Kraft-Koppelung sind weitere Absichtserklärungen des Kabinetts. Von einer Gleichwertigkeit des Fernwärmegeschäfts und Stromgeschäfts, wie sie als Option von Töpfers Ministerium gefordert worden war, ist aber nicht mehr die Rede.

Im Verkehrsbereich sind die wichtigsten Maßnahmen eine Neu- Bemessung der Kfz-Steuer, die sich künftig am Schadstoff-Ausstoß orientierten soll. Über „freiwillige Vereinbarungen“ mit der Autoindustrie soll außerdem eine Reduzierung des Spritverbrauchs um 30 Prozent bis zum Jahre 2005 erreicht werden.

Gewohnt vollmundig bewertete Töpfer den Kabinettsbeschluß: Bonn habe jetzt „unbestritten die Führungsrolle in der internationalen Klimapolitik übernommen“. SPD und Grüne bezeichneten den Beschluß als Papiertiger. Mit der Verschiebung konkreter Maßnahmen bis Herbst 91 werde viel Zeit vertan. -man-