Ideales Treibhausklima

■ Töpfer muß das öffentliche Umweltbewußtsein endlich nutzen KOMMENTARE

Ohne konkrete Ergebnisse ging gestern in Genf ...“ Die Zeiten, in denen die großen Umweltkonferenzen am Ende durch wolkige Erklärungen doch noch irgendwie zum Erfolg zurechtgelogen werden konnten, sind vorbei. Die zweite Weltklimakonferenz ist gescheitert, und das ist inzwischen als das Ergebnis des Genfer Meetings von den allermeisten Medien auch so benannt worden. Der wachsende Kompetenzgewinn der Öffentlichkeit in der Umweltdebatte ist aber das einzig positive Ereignis des Genfer Weltkongresses. Es ist allerdings nicht zu unterschätzen und auf lange Sicht vielleicht entscheidend.

Die beiden größten Produzenten des Klima-Killers CO2, die USA und die Sowjetunion, waren in Genf, sekundiert von Japan und Saudi-Arabien, nicht bereit, durch wirksame Maßnahmen den Planeten aus dem Schwitzkasten zu befreien. Die USA klammern sich an die Hoffnung, angesichts der bedrohlichen Talfahrt der eigenen Wirtschaft die ökologische Umsteuerung weiter hinausschieben zu können. Und die Sowjetunion spekuliert für ihr Land offenbar auf positive Effekte durch die globale Erwärmung. Wenn schon keine Ananas aus Sibirien, dann wenigstens höhere Getreideerträge. Selbst der notorisch optimistische Bonner Umwelt- Vorsteher Klaus Töpfer muß nun resigniert feststellen, daß wirklich greifende harte Maßnahmen im internationalen Konzert nicht durchsetzbar sind. Dem ist nichts mehr hinzuzufügen.

Hierzulande ist allerdings das klägliche Schauspiel auf der internationalen Ebene für Töpfer durchaus profitabel. Unter den Blinden ist der Einäugige bekanntlich König, gegenüber den Genfer Klimaheizern erscheint der Bonner Minister erneut wie der blaue Umweltengel persönlich. Bei näherem Hinsehen wird aber auch dieser Engel flügellahm. Im Bonner Kabinett wurde die Klimakatastrophe auf die nächste Legislaturperiode verschoben. Zu mehr als einem Bündel von Absichtserklärungen wollte sich auch die „international führende Umweltnation“ nicht hinreißen lassen.

Was hindert die Bundesregierung eigentlich daran, mit durchgreifenden Sofortmaßnahmen die Klimawende einzuleiten? Dafür war das Klima noch nie so günstig. Wer glaubt noch immer daran, daß etwa die Verteuerung der Energiepreise Stimmen kostet? Niemand hat es bislang ernsthaft versucht. 86 Prozent der Deutschen halten den Kampf für das Überleben des Planeten nach wie vor für die wichtigste Zukunftsaufgabe. Die Schweiz hat aus einer ähnlichen Stimmungslage jetzt Konsequenzen gezogen. Unter Ovationen der Öffentlichkeit wurde dort vergangene Woche die Einführung einer Öko-Steuer auf CO2 beschlossen. Weitere Schritte bis hin zu Benzin-Verbrauchsobergrenzen für Autos wurden angekündigt.

Klaus Töpfer ist gefordert: Gegen die Bremser im Wirtschaftsministerium, gegen die Schmalspur-Ausstattung seines Ministeriums muß er —mit dem Rückenwind der öffentlichen Meinung — Druck machen und endlich die Schlüsselkompetenz der Energiepolitik offensiv und öffentlich einfordern. Es reicht auf Dauer nicht, sich international zu profilieren und zu Hause mit zusammengebissenen Zähnen die Unverbindlichkeiten des eigenen Kabinetts mitzutragen. Kriener/Rosenkranz