Satire auch in Bayern gestattet

■ Gericht hebt Urteil gegen bayerischen Liedermacher wegen Strauß-Beleidigung auf

München (taz) — Jetzt ist es erst einmal wieder amtlich: Satire darf doch alles. Und das selbst im weißblauen Freistaat. Das Bayerische Oberste Landesgericht hat nämlich die Verurteilung des bayerischen Liedermachers Hans Söllner aufgehoben. Der bissig-bayerische Musiker sollte im Sommer dieses Jahres 8.400 Mark Geldstrafe zahlen, weil sich die CSU-Größen Strauß, Stoiber und Gauweiler von seinen satirischen Texten beleidigt fühlten. „Die Freiheit der Kunst ist nicht grenzenlos“, meinte Richter, Eduard Krapf und verdonnerte Söllner zum Zahlen. Umsonst wies sein Anwalt, Jürgen Arnold, darauf hin, daß Söllner nur das „Grundrecht auf Gleichheit fordert“ und nicht den Politikern, die wie der verstorbene Strauß Schriftsteller schon mal als „Ratten und Schmeißfliegen“ bezeichnen, ein „staatliches Beleidigungsmonopol“ überlassen will. Als „massive Beleidigung“ bewertete das Gericht damals, daß Söllner den verstorbenen Ministerpräsidenten F.J.S. als „Oberasozialen“ und den neuen bayerischen Umweltminister Gauweiler als „verkappten Homo“ bezeichnete. Das bayerische OLG dagegen verpaßte dem Landgericht mit seinem Urteilsspruch eine Watsch'n. „Das Landgericht hat die in der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten verfassungsrechtlichen Anforderungen verkannt, welche die Kunstfreiheit bei der Interpretation eines Kunstwerkes gebietet“, rügten die Richter ihre Kollegen. Söllners Texte dürfen nicht aus dem Zusammenhang gerissen werden, sondern können nur „nach einer Gesamtschau des Werkes interpretiert werden“, stimmten sie Söllners Anwalt zu. Jetzt heißt es deshalb: auf ein neues. Über Platten, Bänder, Videos soll sich das Gericht nun den richtigen Blick für den „Gesamtzusammenhang“ schaffen. Allein das Abhören von Bändern wird da ziemlich viel Zeit in Anspruch nehmen, da Dutzende von Polizisten in Konzerten mitgeschnitten hatten um die Majestätsbeleidigungen zu dokumentieren. lui