Gauweiler geht in die Offensive

CSUler müssen unter der Regie des CSU-Umweltministers grünem Dringlichkeitsantrag zustimmen  ■ Aus München Luitgard Koch

In Bayern ist das schwarze Koordinatensystem aus den Fugen geraten. Bei einer Landtagsdebatte zur Müllpolitik lobten die Grünen den neuen CSU-Umweltminister Peter Gauweiler. Der wiederum zwingt seine Mannschaft, einem grünen Dringlichkeitsantrag zuzustimmen. Die abgeschmackte Weisheit — In Bayern gehen die Uhren anders — scheint späte Wirklichkeit zu werden.

Seit dem erfolgreichen Volksbegehren der bayernweiten Bürgerinitiative „Das bessere Müllkonzept“ und den CSU-Verlusten bei der Kommunalwahl im vergangenen März wissen auch die Schwarzen, daß das Thema „Müll“ ein brisantes ist. Um weiteren Flurschaden zu verhindern, peitschte die CSU deshalb auf die Schnelle ein neues Müllgesetz durch. Auch die Ernennung des CSU-Hardliners und „Aids-Saubermanns“ Gauweiler ist dieser Angst vor Wähler-Verlusten bei falscher Müllpolitik geschuldet. Bei der ersten Lesung des neuen Müllgesetzes, vor zwei Tagen, passierte es. In einem Dringlichkeitsantrag forderten die Grünen die sofortige Veröffentlichung der Dioxinwerte aus der Abluft von bayerischen Müllverbrennungsanlagen. Unter der Ägide des inzwischen kaltgestellten Umweltministers Alfred Dick mauerte das Ministerium an diesem Punkt ständig. „Die Zahlen gehören auf den Tisch, um dieser Politik dauernder Verdächtigungen, daß hier etwas unter den Teppich gekehrt wird, einen Riegel vorzuschieben.“

Gauweilers Vorstoß machte manche seiner Parteifreunde zunächst sprachlos. Vor allem der CSU-Abgeordnete Karl Kling, der an der Augsburger Müllverbrennungsanlage beteiligt ist, konnte dem grünen Antrag nichts abgewinnen. Ob die Betreiber der Müllöfen einer solchen Veröffentlichung nicht zustimmen müßten?, fragte sich der Schwabe. Trotzdem, der Grüne Antrag wurde mit den Stimmen der CSU durchgesetzt. Im Umweltministerium herrschte danach hektische Betriebsamkeit. Es dauerte keine zwei Tage und ein Beamter des Ministeriums überreichte dem CSU-Vorsitzenden des Umweltausschusses, Henning Kaul, noch am späten Nachmittag des darauffolgenden Tages das begehrte Papier.

Doch um wieder zum Anfangsspruch zurückzukehren: In Bayern gehen die Uhren eben doch einfach ganz anders. Als ein „Verschleierungspapier“ bezeichnet die grüne Fraktionssprecherin, Ruth Paulig, nämlich die Liste. Denn nicht nur die Angaben zu den Müllöfen von Landshut, Rosenheim und Marktoberndorf fehlen, sondern es wurde auch mit geschönten Mittelwerten gearbeitet. In einem Fall wissen die Grünen definitiv, daß der Wert eindeutig höher liegt — nämlich bei Nanogramm Dioxin — als in dem Papier vom Umweltministerium angegeben ist. Skandalös hohe Dioxinwerte gab das Ministerium lediglich in den Fällen zu, wo die Information darüber bereits durch Intervention von Bund Naturschutz und Grünen öffentlich wurde. Außerdem fehlten die Werte von Klinikmüllanlagen, die besonders brisant sind, völlig. Die Grünen forderten das Umweltministerium deshalb auf, die Liste zu vervollständigen und zu korrigieren.