CSU-Wendehälse gehen durchs Feuer

Trotz neuem Abfallgesetz werden in Bayern weitere Müllöfen subventioniert/ CSU-Beschluß im Landtag gegen die Opposition/ SPD steigt aus der„Müll-Ehe“ aus und unterstützt Volksentscheid  ■ Aus München Luitgard Koch

Jetzt ist sie endgültig geschieden: Die „Müll-Ehe“ der bayerischen SPD mit der CSU. Im Sommer dieses Jahres hatten die beiden Parteien zusammen ein neues Müllgesetz gebastelt, um damit ein Volksbegehren leerlaufen zu lassen. Doch die von den Grünen unterstützte Bürgerbewegung „Das bessere Müllkonzept“ war erfolgreich. Am 17.Februar dieses Jahres kommt es deshalb zum Volksentscheid zwischen dem Gesetzentwurf der Bürgerinitiative und der Vorlage der Landesregierung.

Noch vor der Landtagswahl versuchten die SPDler den Ausstieg aus der Müllkoalition, nachdem sich immer deutlicher abzeichnete, daß das seit 1. Juli 1990 geltende, mit ihren Stimmen beschlossene Gesetz in der Ausführung keine Wende in der Müllpolitik bringt. Diese Woche jedoch mußten die Sozis nach der ersten Lesung des Gesetzes feststellen, wie sehr sie sich von der CSU über den Tisch hatten ziehen lassen. Mit ihrer Mehrheit im Landtag setzten die Schwarzen gegen die Opposition durch, daß sechs weitere Müllöfen und 100 Deponien nun doch mit staatlichen Mitteln gefördert werden. Nach dem neuen Müllgesetz sind solche Subventionen eigentlich nicht möglich. Dort heißt es, daß nur noch Modellvorhaben gefördert werden sollen. Mit der Behauptung, der „Vertrauensschutz“ müsse eingelöst werden, die betroffenen Kommunen müßten sich auf die bereits zugesicherten Zuschüsse verlassen können, begründeten die CSU-Wendehälse jetzt ihre neuerliche Subventionspolitik.

Als es darum ging, die SPD einzuseifen, hatte die CSU noch signalisiert, die strittigen Müllverbrennungsanlagen in Augsburg, Weißenhorn, Burgkirchen, Schweinfurt und Schwandorf würden keine Zuschüsse mehr erhalten. „Wäre das im Mai auf den Tisch gelegt worden, hätten wir kein gemeinsames Gesetz gemacht“, jammerte die SPD in der Landtagssitzung am Donnerstag und verkündete, daß sie ab sofort das Konzept der Bürgerinitiative beim Volksentscheid unterstützen werde.

Ohne Scheu gibt die CSU nun auch zu, daß die Kommunen rein rechtlich keinen Anspruch auf die versprochenen Subventionen haben. Bescheide für die jetzt bewilligten Gelder konnte SPD-Umweltpolitiker Helmut Ritzer bei einem seiner Besuche im Umweltministerium nicht finden. In manchen Fällen, so Ritzer, gebe es nicht einmal Gesprächsnotizen, geschweige denn schriftliche Zusagen.

Trotzdem: Für die CSU ist das alles kein Hinderungsgrund, ihre Müllverbrennungspolitik zu forcieren. Und dies, obwohl jetzt bekannt wurde, daß unter der Ägide des früheren Umweltministers Alfred Dick 60 klinikeigene Müllverbrennungsanlagen geschlossen werden mußten, weil ihre Abgase den geplanten Dioxingrenzwert um das 300fache überschritten.