„Wenn die Tochter mit 'am Neger ...“

Wahlkampf in Bayern: Umweltminister Peter Gauweiler und SPD-Kandidat Rudi Schöfberger diskutierten über das Grundrecht auf Asyl/ Das Publikum sorgte für die Gänsehaut  ■ Von Karin Mayer

München (taz) — Wieviele Fremde kann eine dicht besiedelte Nation verkraften? Im Schützenhaus „Neue Schießstätte“ im Münchner Stadtteil Sendling ist die Frage schnell beantwortet: „Ich habe schon 1950 gesagt, als die ganzen Fremdarbeiter gekommen sind: Baut's die Fabriken da unten. Jetzt ham mir die ganzen Arbeitslosen“, beschwerte sich ein Zuhörer. Denn: „Nicht die Asylanten, sondern die fünf bis sechs Millionen Ausländer sind das Problem, die wir gegen uns haben, wenn mal was schief geht.“

Die Podiumsdiskussion zum Thema Asyl wünschten sich Umweltminister Peter Gauweiler und der SPD-Bundestagskandidat Rudi Schöfberger „sachlich und ohne Ausfälle“. Es blieb beim Vorsatz. Ein Redebeitrag aus dem Publikum zum Hungerproblem in der Dritten Welt hörte sich so an: „Schickt's 1.000 Abtreibungsmediziner da runter, anstatt die alle zu füttern.“

Ein Ausfall, bei dem es auch Peter Gauweiler „kalt den Rücken runterläuft“. „So kann man solche Probleme nicht lösen“, winkt der neue Umweltminister ab. Sein Vorschlag: den Artikel 16 ändern, die Zahl der AsylbewerberInnen begrenzen und einen Beschwerdeausschuß im Bundestag einrichten, der über die Beendigung des Asyls entscheiden kann. Humaner sei es, die Menschen direkt an der Grenze zurückzuschicken, anstatt ihnen in der Bundesrepublik ein jahrelanges Verfahren zuzumuten. „Wer die ganze Welt umarmen will und dabei die eigenen Leute vergißt, der handelt unsozial.“ Den ZuhörerInnen spricht Gauweiler damit aus der Seele. „So wie bisher kann und darf es nicht weitergehen“, ist das schnelle Fazit der Versammlung, 200.000 Asylbewerber im Jahr seien nicht zu verkraften. Von den 600.000 AussiedlerInnen kann Gauweiler das allerdings nicht so leicht sagen.

Schöfberger dagegen will diese Unterscheidung nicht treffen. Wohnungsnot und soziale Spannungen würden genauso durch AussiedlerInnen verursacht, die von der Bundesregierung ins Land geholt worden seien. Ehe die CSU über eine Grundrechtsänderung rede, solle sie erst einmal das geltende Recht durchsetzen und für Abschiebung sorgen. Die Dauer des Asylverfahrens will Schöfberger auf einen Monat verkürzen und innerhalb einer Woche oder sogar drei Tagen abschieben. Dafür erhält er ausnahmsweise auch von der CSU-Wählerschaft vehemente Zustimmung.

Trotzdem spricht auch Schöfberger von Asylrechtsänderungen: Asylbewerber aus Ländern, in denen es „offensichtlich keine politische Verfolgung“ mehr gibt, sollen direkt an der Grenze abgewiesen werden. Wer das an der Grenze entscheiden soll, darüber schweigen sich die Politiker aus. Als der SPDler vom Teilen spricht, das wir alle lernen müßten, tobt der Saal: „Heuchelei!“ brüllt einer, „so reden nur Leute, die davon nicht betroffen sind. Und wenn dann die eigene Tochter mit 'am Neger...“ Kein Satz, den man zu Ende sprechen könnte. Da nützt es auch nichts, wenn Schöfberger aus der Bibel zitiert und sich auf christliche Traditionen beruft. „Auf jeden Asylbewerber kommen 24 Aussiedle,r und weniger als 150.000 anerkannte Asylanten leben in der Bundesrepublik“, gibt er zu bedenken.

Weniger Zahlen und Fakten, als griffige Beispiele liefert dagegen der volksnahe Umweltminister. Die Schulklasse, in der zwei deutsche Schüler 24 ausländische integrieren sollen, die ausländische Prostituierte, die sich unter dem Vorrecht des Asyls „bei uns eingenistet“ habe, werden als abschreckende Beispiele bemüht. Der Einwand des Münchner SPD-Landtagsabgeordneten Klaus Hahnzog, daß es „keine objektive Grenze für den Ausländeranteil in einer Gesellschaft gibt“ und die Erwähnung der „Nazi-Herrschaft“ im Zusammenhang mit der Asyldiskussion setzen ungeahnte Energien im Saal frei. Der Geräuschpegel schwillt an: Pfui-Rufe und Pfiffe, einzelne springen von den Stühlen auf. „Mit der Nazizeit“ sei das nicht zu vergleichen. Gauweiler lehnt das kategorisch ab. Das Auditorium liegt ihm zu Füßen. Am Ende noch ein paar versöhnliche Töne: Probleme gebe es ja schon in den Ländern, aus denen die Asylbewerber in die Bundesrepublik kommen, aber: „Durch Einwanderung werden die auch nicht gelöst.“ Karin Mayer